Fritz Hartnagel und Sophie Scholl. Die Geschichte einer Liebe

In der Alten Bücherkiste findet sich eine Rezension aus dem Jahr 2005 zu einem Buch, das die Liebesgeschichte der bekanntesten deutschen Widerstandskämpferin und ihrem Freund darstellt: Fritz Hartnagel. Der Freund von Sophie Scholl von Hermann Vinke.


Daten zum Buch

  • Autor: Hermann Vinke
  • Titel: Fritz Hartnagel. Der Freund von  Sophie Scholl
  • Genre: Sachbuch
  • Verlagsort der Erstausgabe: Zürich
  • Verleger: Arche Verlag
  • Erscheinungsjahr: 2005

Sophie Scholl ist in diesem Jahr (2005) in aller Munde. Dies vor allem des Filmes Sophie Scholl – Die letzten Tage wegen, der bei der Berlinale gleich zwei Preise abgesahnt hat, zwei Preise, von denen einer immerhin an die richtige Stelle gegangen ist, der zweite aber wohl unzweifelhaft fehlgegeben wurde (es hat ja seinen guten Grund, warum Julia Jentsch auch den Deutschen Filmpreis bekommen hat.)

Ohnehin ist von den Filmen über die Weiße Rose (Percy Adlons Fünf letzte Tage, Michael Verhoevens Die weiße Rose und Marc Rothemunds Sophie Scholl – Die letzten Tage) ist keiner wirklich herausragend, aber die schauspielerischen Leistungen der jeweiligen Darstellerinnen der Sophie Scholl (Lena Stolze und Julia Jentsch) sind in allen drei Fällen von besonderer Güte.

Jetzt aber zu dem Buch, um das es uns hier zu tun ist: Fritz Hartnagel und Sophie Scholl. Die Geschichte einer Liebe (Zürich/Hamburg: Arche Verlag 2005). Auch in diesem spielt Sophie Scholl eine gewichtige Rolle, wenn auch, zugegeben, nicht die vorrangigste.

Zuvorderst geht es dem Autor Hermann Vinke nämlich um Fritz Hartnagel, um denjenigen also, der wohl, wie uns der Verlag aus verkaufsfördernden Gründen sogleich im Untertitel mitteilt, auf irgendeine Art und Weise mit Sophie liiert war; na klar: mit dem Namen ›Fritz Hartnagel‹ alleine wäre für den Verlag ja nicht viel gewonnen, wird doch nicht jeder sofort wissen, um wen es sich denn da nun handelt. (Der ursprüngliche Titel lautete übrigens Fritz Hartnagel. Der Freund von Sophie Scholl.)

Der Freund von Sophie Scholl war er, der Fritz, auch wenn Inge Jens 1984 (als man die Dinge offensichtlich noch nicht so offen beim Namen nennen durfte wie heute) noch etwas etepetete davon gesprochen hatte (im Kommentar zu Sophies erstem Brief in den Briefen und Aufzeichnungen), dass sich im Laufe der Zeit zwischen beiden ›eine für beide Partner bedeutsame Freundschaft‹ entwickelt habe – nun ja.

Sophie war 16, als sie den Berufsoffizier in spe im Winter 1937 auf einem Tanzball kennen lernte; er, der Fähnrich Fritz Hartnagel, war vier Jahre und drei Monate älter als sie. Besonders die Briefe, die die beiden danach gewechselt haben, machen das Buch so interessant; die meisten der Briefe waren bisher noch nicht bekannt.

Über den weiteren Lebenslauf Sophie Scholls brauchen wir kein Wort mehr zu verlieren. Was aber tat Fritz Hartnagel? Nun, er, der Offizier, diente an der Front, so auch in Stalingrad. Aber dort, an der Front, sah er Dinge, die er Sophie recht offenherzig in seinen Briefen mitteilte – möglicherweise ein Grund für sie, sich nicht nur im Wort, sondern letztlich auch in der Tat gegen die Nazis zu äußern. Derweil durchlief Fritz Hartnagel ebenfalls eine Metamorphose, auch er grenzte sich immer weiter von den Nazis ab, wenn er auch, wie er später immer wieder betonte, nie selbst Widerstand leistete.

Diese Entwicklung können wir in den ersten vier Abschnitten des Buches nachlesen, die sich mit der Zeit von 1937 bis 1943 befassen. Die beiden letzten Abschnitte beschreiben Hartnagels Leben nach der Hinrichtung Sophie Scholls. Sie hat ihn wirklich geprägt: In der Bundesrepublik engagierte sich der frühere Offizier in der Friedensbewegung, war bei den Ostermärschen dabei und stand jungen Kriegsdienstverweigerern beratend zur Seite.

Wer sich für die Weiße Rose interessiert, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt. Nur eins noch zum Schluss: Mit Vorsicht zu genießen ist die Behauptung Vinkes (S. 101), Sophie Scholl sei schon viel früher in die Taten der Weißen Rose eingebunden gewesen, als bisher angenommen. Für diese Annahme gibt es allerdings keine wissenschaftliche Grundlage.