Kafkas Noten

Es ist immer wieder ein Vergnügen, alte Schulzeugnisse zu studieren. Ein schönes Beispiel hierfür ist die ›Classification des Schülers‹, die Josef Čermák seinem wunderbaren Buch Franz Kafka. Dokumente zu Leben und Werk (Berlin: Parthas 2010) als Faksimile beigegeben hat.

Was lernen wir nun von diesem Zeugnis aus der Deutschen Volks- und Bürgerschule am Prager Fleischmarkt? Dass Kafka ein hervorragender Schüler gewesen sein muss, fast schon ein Streber. Ob sittliches Betragen, Fleiß, Religion, Lesen oder Rechnen in Verbindung mit der geometrischen Formenlehre – Kafka hatte überall nur Einser.

Selbst im Turnen bekam er im ersten Vierteljahr die Bestnote. Nur im Schreiben offenbarte er leichte Schwächen. Dort erhielt er nur die Note zwei, genauso wie einem anderen Fach: Sprachlehre und Rechtschreiben. Schriftlich konnte er sich offenbar nicht so gut ausdrücken.

Auslese aus alten Papieren

Wer in alten Magazinen blättert, der stößt häufig auf faszinierende Artikel, die auch heute noch von Interesse sind.


Was für Tucholsky gilt, trifft natürlich auch ganz allgemein auf andere Autoren zu: Immer wieder stoßen wir beim Blättern in alten Zeitschriften auf Texte, die uns aus unterschiedlichsten Gründen ins Age springen.

Wir werden sie genauso wie Tucholskys Artikel zum Anlass nehmen, um einen eigenen Beitrag zum entsprechenden Thema zu veröffentlichen.

Folgende Einträge haben sich bisher schon angesammelt:

  1. Jahrgang 1902
  2. Kai aus der Kiste
  3. Ein Werbespruch aus den 20ern
  4. Friedell und Stekel
  5. Die zweitschönste Buchbesprechung
  6. Gebrauchte Kisten zu verkaufen
  7. Bücher als Medizin

Tucholsky lesen

Wer in alten Magazinen blättert, der stößt häufig auf faszinierende Artikel, die auch heute noch von Interesse sind. Ganz besonders trifft das natürlich auf Texte von Kurt Tucholsky zu.


Kurt Tucholsky ist 1935 gestorben. Kann ein Autor, der seit acht Jahrzehnten tot ist, uns heute überhaupt noch etwas sagen?

Ja, er kann. Sehr viel sogar. Das kann jeder selbst erleben, der einen Text von Tucholsky zur Hand nimmt.

Viel hat sich seither zwar verändert, doch viel ist auch gleich geblieben — seine Urteile und Betrachtungsweisen haben auch heute noch in vielen Fällen unverändert ihre Gültigkeit.

Deshalb wollen wir uns an dieser Stelle mit Tucholsky und seiner Zeit auseinandersetzen und immer dann, wenn wir in einem seiner Texte auf etwas stoßen, das uns aufhorchen lässt, darauf hinweisen und es gegebenenfalls hier vortragen.

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Das Wertherfieber

Goethes kleiner Briefroman Die Leiden des jungen Werther besaß zu seiner Zeit großen Einfluss. Tatsächlich setzte geradezu eine Manie um Werther ein. Was machten denn die Leser des Werthers? Sie kauften reichlich Werther-Nippes, machten das Parfüm Eau de Werther zum Renner der Saison und kleideten sich ganz wie ihr Vorbild: Blauer Frack und gelbe Weste waren der Renner der Saison. Es herrschte also regelrechtes Wertherfieber – ein Begriff, der sich auch in Metzlers Goethelexikon findet (→ Jeßing 2004, S. 471).

Dort gehen die Autoren auch auf ein anderes Phänomen ein, das im Zusammenhang mit Werther immer wieder erwähnt wird: dass nämlich unter den Fanatikern auch zahlreiche Suizidanten gewesen seien, die sich allesamt selbst entleibten. Doch das ist eben nur eine Legende. Es ist nichts davon wahr.

Im Westen nichts Neues: Verkaufszahlen

Der Roman Im Westen nichts Neues war ein durchschlagender Erfolg. Genaue Verkaufszahlen sind aber nicht bekannt.


Der Roman Im Westen nichts Neues war ein Riesenerfolg. Die Vorabveröffentlichung in der Vossischen Zeitung vom 10. November bis zum 9. Dezember 1928 heizte das Interesse des Lesepublikums so sehr an, dass die am 29. Januar 1929 erschienene Buchausgabe größte Aufmerksamkeit fand.

Dazu beigetragen haben wohl auch zwei weitere Faktoren: Zum einen fuhr der Ullstein-Verlag eine beispiellose Werbekampagne, zum anderen setzte bald schon in zahllosen Blättern eine Diskussion um Wert und Wahrhaftigkeit der Erzählung ein. Jeder hatte ja etwas dazu zu sagen, die Linken wie die Rechten, und all die, die in der Mitte standen, natürlich auch.

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Literaturnobelpreis

Seit 1901 vergibt die Schwedische Akademie den Nobelpreis für Literatur. Die Wahl der Preisträger war oft umstritten, heute genauso wie in den Anfangsjahren, als einige der ganz großen Literaten übergangen wurden.


Der erste Literaturnobelpreis im Jahre 1901 ging an einen Franzosen: Sully Prudhomme. Sully – wer? Kennt den heute noch jemand? Selbst in Frankreich wohl kaum. Und wen hielt die Schwedische Akademie danach für preiswürdig? Im Jahr darauf den deutschen Historiker Theodor Mommsen – soso; dann den norwegischen Politiker Bjørnstjerne Bjørnson, der immerhin die Nationalhymne seines Landes geschrieben hat.

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Greene und das Ausrufezeichen

Ausrufezeichen sind umstritten. Auch in Graham Greenes Roman A Burnt-Out Case (dt. Ein ausgebrannter Fall) begegnet uns eine junge Dame, die vom eher fragwürdigen Nutzen eines Ausrufezeichens überzeugt ist.

Ein Satz mit einem Ausrufezeichen am Ende bedeute unzweifelhaft, sagt Marie Rycker, dass der Satz nicht ernst zu nehmen sei. Die Nonnen (die ihr Englisch beigebracht hatten) hätten es immer als Marktschreierzeichen bezeichnet.

Poe und der Schachtürke

Selbst die besten Schachspieler der Welt haben heute gegen gute Programme keine Chance mehr. Früher war das noch anders. Umso verblüffter waren die Menschen des 18. und 19. Jahrhunderts, als der Schachtürke auftauchte. Auch Edgar Allan Poe besuchte seine Vorstellungen.


Edgar Allan Poe war für seinen Spürsinn bekannt. Immerhin geht der erste Literaturdetektiv der Welt auf den Schriftsteller zurück: C. Auguste Dupin machte sich im Jahre 1841 mit der Lösung des Doppelmords in der Rue Morgue unsterblich.

Genauso methodisch wie der von ihm erdachte Detektiv war Poe schon ein paar Jahre früher vorgegangen, als er sich daran gemacht hatte, das Rätsel des Schachtürken zu lösen. Ein Automat, der ein so kompliziertes Spiel wie Schach beherrschte – das war schlichtweg unmöglich, zumindest zu Poes Lebzeiten. Und Poe wusste das.

Beim Schach ist es nämlich so: Maschinen sind heutzutage das Maß aller Dinge, kein Spieler der Welt hat eine reelle Chance, einen Wettkampf erfolgreich gegen einen Computer zu bestreiten. In den 90ern ist das noch anders gewesen. Damals glaubte man sogar, dass ein Mensch niemals einer Maschine unterliegen würde.

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Die hölzernen Kreuze

Beim Blättern in Tucholskys Texten finden wir auch zwei Hinweise auf ein Buch von Roland Dorgelès: Die hölzernen Kreuze. 1929 stellt er die französische Fassung vor, ein Jahr später bespricht er dann auch die deutsche Übersetzung.


Daten zum Buch

  • Autor: Roland Dorgelès
  • Titel: Les croix des bois
  • Genre: Roman
  • Verlagsort der Erstausgabe: Paris
  • Verleger: Albin Michel
  • Erscheinungsjahr: 1919
  • Deutsche Erstausgabe: Die hölzernen Kreuze (Horw-Luzern: Montana Verlag 1930, Übersetzung: Tony Kellen und Erhard Wittek)

Für Tucholsky war es von den Kriegsbüchern ›das schönste von allen; nicht das größte, aber das schönste‹ (→ TT1, S. 703). Was aber bedeutet das: das schönste Kriegsbuch? Kann ein Buch über den Krieg überhaupt schön sein? Vielleicht schon.

Vertrauen wir zunächst einmal auf Tucholsky, der Zeit seines Lebens viele Kriegsbücher besprochen hat. Darunter war also auch das vorliegende, das hierzulande weitgehend unbekannt ist: Les croix des bois von Roland Dorgelès.

Tucholsky war begeistert. So zählte er in seiner ersten Rezension, die sich mit dem französischen Original befasste, viele Beispiele auf, die veranschaulichen sollten, was Dorgelès geleistet hatte, etwas ›ganz und gar Einzigartiges‹ nämlich:

Woher er dies hier hat, weiß ich nicht; es muß ihm der selige Shakespeare nachts im Traum erschienen sein.

[TT1, S. 704]

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Mocha Dick

Der von Melville erfundene Killerwal Moby Dick hatte wohl ein reales Vorbild. Das war ein Pottwal, der zuerst bei den Mocha Inseln vor Chile gesichtet wurde und deshalb Mocha Dick genannt wurde. Was ihn von allen anderen Walen unterschied, war eine zweieinhalb Meter lange Narbe, die quer über seinem Kopf verlief. Mocha Dick soll zwischen 1810 und 1859 Dutzende von Fangbooten zerstört und selbst vor Walfangschiffen nicht Halt gemacht haben.

Ob Mocha Dick auch die Essex angegriffen hat, ist nicht ganz klar, er könnte es aber durchaus gewesen sein. Angeblich hat er mehr als 100 Kämpfe ausgefochten, wobei mindestens 30 Seeleute ums Leben gekommen sein sollen. Erst 1859 wurde der Wal von einem Harpunier eines schwedischen Walfangschiffs erlegt. Bei der Verarbeitung fand die Mannschaft nicht weniger als 19 Harpunenspitzen in seinem Speck.