Heeresbericht

Beim Blättern in Tucholskys Texten finden wir auch einen Hinweis auf ein Buch von Edlef Köppen: Heeresbericht.


Daten zum Buch

  • Autor: Edlef Köppen
  • Titel: Heeresbericht
  • Genre: Roman
  • Verlagsort der Erstausgabe: Berlin
  • Verleger: Horen-Verlag
  • Erscheinungsjahr: 1930

Adolf Reisiger ist begeistert. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbricht, verpflichtet er sich wie so viele andere auch aus freien Stücken zum Militärdienst. Er kommt zunächst zu einem Feldartillerieregiment an die Westfront, wo er bis zu einer schweren Verwundung stationiert ist. Noch immer ist er von seinem Einsatz überzeugt, jeden möglichen Zweifel blendet er vorerst weiter aus.

Nach seiner Genesung kämpft er bis zum Frieden von Brest-Litowsk an der Ostfront, ehe sein Regiment wieder in den Westen verlegt wird. Dort erlebt er hautnah mit, wie 1918 die deutsche Frühjahrsoffensive scheitert. Auch der Versuch, Mitte Juli noch einmal an Boden zu gewinnen, geht daneben.

Ein Schlag für die Armee, eine Bestätigung aber für Reisinger, dessen Einstellung sich im Laufe der Jahre gründlich geändert hat. Von seiner ursprünglichen Begeisterung ist nun nichts mehr zu spüren, jetzt muss er seinen Abscheu vor dem Krieg einfach herausschreien – und das kommt ihn teuer zu stehen.

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Der zweite Roman über die Weiße Rose

Außer dem Roman von Alfred Neumann gibt es noch einen zweiten zeitgenössischen Bericht zu den Geschehnissen um die Weiße Rose. Dabei handelt es sich um den etwas kurios betitelten Roman Seven Were Hanged, der 1945 bei Victor Gollancz in London erschienen ist. Als Autor zeichnete der amerikanische Journalist Willam Bayles, der in den 30er-Jahren in Deutschland gearbeitet, das Land aber bei Kriegsausbruch verlassen hatte.

Anders als bei Neumann ist nicht genau bekannt, woher Bayles seine Informationen hatte. Man kann aber davon ausgehen, dass seine hauptsächliche Quelle jener Artikel war, der am 18. April 1943 in der New York Times erschienen war. Grundlage dieses Artikels war ein Bericht des deutschen Rechtsanwalts und Widerstandskämpfers Helmuth James Graf von Moltke – und genau wie dort tauchen auch bei Bayles zwei falschen Namen auf: Adrian Probst und Maria Scholl.

Wuthering Heights alias Sturmhöhe: Übersetzungen

Emily Brontë hat nur einen Roman geschrieben: Wuthering Heights. Das Buch ist heute noch genauso lesenswert wie vor 160 Jahren. Auf Deutsch ist die Geschichte als Sturmhöhe bekannt. Bisher ist sie 13 Mal ins Deutsche übersetzt worden.


Einen Text von einer Sprache in eine andere zu übertragen, ist eine schwere Kunst. Viele Übersetzungen taugen in der Tat nichts, manche sind dagegen durchaus gelungen. Eine faszinierende Lektüre zu diesem Thema ist eine Arbeit von Elsbeth Ort: Kritischer Vergleich zweier deutscher Übersetzungen von Emily Brontës Wuthering Heights (Bern: Francke Verlag 1982).

Das bringt uns auf eine Idee: Warum nicht mal die deutschen Ausgaben des hierzulande als Sturmhöhe bekannten Romans anhand einzelner Sätze miteinander vergleichen? Natürlich kann hier nur an der Oberfläche gekratzt werden, doch für einen ersten Eindruck sollte das schon reichen.

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Der Mörder

Heutzutage fiept und piept es überall, es brummt und summt, Ruhe findet man nirgends. Eine Welt voll lärmender Maschinen ist freilich nicht jedermanns Sache. Manche ziehen sich zurück in die Natur, andere wiederum werden zu Maschinenmördern. Es gibt eine schöne Kurzgeschichte aus dem Jahr 1953, die einen solchen Fall anschaulich schildert: ›The Murderer‹ von Ray Bradbury.

Die Erzählung findet sich in der Anthologie The Golden Apples of the Sun (New York: Doubleday), die 1970 von Margarete Bormann unter dem Titel Geh’ nicht zu Fuß durch stille Straßen (Hamburg/Düsseldorf: Marion von Schröder) ins Deutsche übersetzt worden ist. Zu finden ist ›Der Mörder‹ auch im erstmals 1972 erschienenen Ravensburger Taschenbuch Das Marsungeheuer.

Gumiljow und Woloschin duellieren sich

Früher war es üblich, seine Ehre formvollendet in einem Duell zu verteidigen. Auch die beiden russischen Dichter Nikolai Gumiljow und Maximilian Woloschin verlangten auf diese Weise Satisfaktion.


Das Duell der beiden russischen Dichter war auf eine bizarre Liebelei zurückzuführen. Gumiljow hatte sich nämlich in die mysteriöse Baronin Cherubina de Gabriak verliebt, eine russischsprachige Poetin französisch-polnischer Herkunft, die zuvor mit einigen ihrer Gedichte für Aufsehen gesorgt hatte.

Gumiljow trat daraufhin in einen Briefwechsel mit ihr ein, der zunehmend immer leidenschaftlichere Züge annahm. Allerdings stellte sich bald schon heraus, dass die Baronin überhaupt nicht existierte, die Gedichte hatte die behinderte Schullehrerin Elisaweta Dimitriewa geschrieben, und zwar mit Hilfe des Dichters Maximilian Woloschin, der wohl auch die Legende um Gabriak erfunden hatte.

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Charles Dickens, ein Antisemit?

Charles Dickens hat in seinem Roman Oliver Twist die Figur des Fagin in das schlechteste Licht gestellt, das man sich nur denken kann. Dabei griff er auf alle antisemitischen Stereotypen seiner Zeit zurück.


War Charles Dickens Antisemit? Zumindest sein Gesellschaftsroman Oliver Twist lässt darauf schließen. Darin nämlich lässt er eine Figur auftreten, die so ziemlich mit den schlimmsten Charaktereigenschaften ausgestattet ist, die man sich nur denken kann. Um einen Christen handelt es sich dabei freilich nicht. Fagin ist der ›Jude‹ – mehr als 250 Mal wird er in der englischsprachigen Erstausgabe des Romans so bezeichnet.

Die antisemitischen Stereotypen sind in der Tat eklatant. Fagin ist der typische jüdische Bösewicht der damaligen Zeit. Dickens zeichnet ihn als einen geldgierigen Geizhals, der gerade diejenigen schamlos ausnutzt, die der Hilfe am dringendsten bedürfen: Seine Diebesbande rekrutiert sich ausschließlich aus Waisenkindern. Selbstverständlich sind auch seine äußeren Merkmale negativ besetzt: Seine Verbrechervisage spricht für sich selbst, ebenso seine furchtbares Näseln und sein ständiges Schulterzucken.

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Der erste Satz

Der bekannteste Anfangssatz eines Romans stammt vielleicht von Edward Bulwer-Lytton. Mit seinem Einstieg hat der englische Autor sogar einen Wettbewerb inspiriert.


Snoopy war bei den Peanuts alles: Weltkriegsflieger, Anwalt, Arzt, Golfprofi und manchmal auch Schriftsteller. Als solcher arbeitete er sein Leben lang an seinem Meisterwerk, das stets mit den immer gleichen Worten begann: ›It was a dark and stormy night.‹

Die Worte von der dunklen und stürmischen Nacht gehen freilich auf einen anderen Autor zurück. 1830 veröffentlichte der englische Romancier und Politiker Edward Bulwer-Lytton (1803 bis 1873) den Roman Paul Clifford, dessen erster Satz berühmt geworden ist. Hier ist er in seiner vollen Blüte:

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Grace Darling

Grace Darling ist in Deutschland kaum bekannt. In England aber ist sie eine Heldin, deren Name auch in der englischsprachigen Literatur immer wieder genannt wird.


Der englische Romantiker William Wordsworth (1770 bis 1850) veröffentlichte 1843 eine Hymne auf eine junge Frau, die in England noch heute als Heldin verehrt wird: Grace Darling. Hier die beiden Schlussverse der Lobpreisung, die insgesamt doch ein wenig peinlich geraten war:

Might carry to the clouds and to the stars,
Yea, to celestial Choirs, GRACE DARLING’S name!

[Wordsworth 1888: ›Grace Darling‹, S. 862]

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Kusinenliebe in Romanen

Im Leben kommt sie immer mal wieder vor, in Romanen war sie früher fast schon an der Tagesordnung: die Ehe zwischen Cousins und Cousinen ersten und zweiten Grades.


Fanny Price macht alles falsch. Edmund kann nicht der Richtige für die Heldin von Mansfield Park sein, das weiß doch jeder. Und dennoch verliebt sie sich in ihn. Eine langweilige Transuse mag ja ihrem Typ entsprechen, trotzdem gehegt sie einen verhängnisvollen Fehler.

Das hat einen einfachen Grund. Fanny und Edmund sind nämlich als Cousin und Cousine ersten Grades im selben Hause aufgewachsen. Wie aber fast jeder weiß, ist es wenig ratsam, einander in einem solchen Falle das Jawort zu geben. Die Degeneration der Herrscherhäuser belegt das mehr als eindrucksvoll.

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Tanzstunden für Erwachsene und Fortgeschrittene

Sondermerkwürdig sind all jene Bücher, die aus ganz wenigen Sätzen bestehen. Bestes Beispiel ist das Buch von Bohumil Hrabal: Tanzstunden für Erwachsene und Fortgeschrittene.


Daten zum Buch

  • Autor: Bohumil Hrabal
  • Titel: Taneční hodiny pro starší a pokročilé
  • Genre: Roman
  • Verlagsort der Erstausgabe: Prag
  • Verleger: Československý spisovatel
  • Erscheinungsjahr: 1964
  • Deutsche Erstausgabe: Tanzstunden für Erwachsene und Fortgeschrittene (Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1965, Übersetzung: Franz Peter Kürzel)

Der Soldat Schwejk war auch so einer. Richtig schöne Geschichten konnte der erzählen, genauso wie dieser alte Schuster hier, der einfach nur friedlich und nett mit einer jungen Maid plaudert.

Was kann er ihr nicht alles aus seinem Leben berichten: wie sich damals beispielsweise zwei Schöne seinetwegen gegenseitig die Blusen zerrissen hätten; wie er vor dem Hoflieferanten Weinlich und dessen Vertretern Fogl und Vertsberger wie vor einem Schwurgericht gestanden habe; wie er in Meidling Wache geschoben und den Kaiser gesehen habe, als dieser der auf der Leiter stehenden Schratt wie Goethe einst unter den Rock geguckt habe. Ja, da wird die gute alte k.-u.-k.-Zeit wieder lebendig.

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