Plagiatsjäger

Schon immer haben eifrige Menschen nach Plagiaten gesucht. Oft sind sie dabei über ihr Ziel hinausgeschossen.


Mit Plagiaten ist das immer so eine Sache. Manche finden sie verwerflich, andere wiederum halten sie für eine lässliche Sünde. Es ist freilich nicht immer ganz leicht herauszufinden, ob es sich überhaupt um ein Plagiat handelt oder nicht. Oft kommt es deshalb zu falschen Beschuldigungen, wie beispielsweise im Fall von Irmgard Keun.

Dies alles hindert allerdings niemanden daran, auch an den entlegensten Stellen nach einem abgekupferten Worte zu suchen – in der Hoffnung ganz offenbar, sich mal wieder richtig großtun zu können. Oder gibt es noch einen anderen Grund für dieses merkwürdige Gebaren? Wahrscheinlich nicht. Es ist nun mal ein äußerst beliebter Sport, andern eins auszuwischen.

Plagiatsjäger gibt es jedenfalls mehr als genug. Das alles ist freilich keine neue Entwicklung, das hat es früher genauso gegeben wie heute. So ist es sicher kein Zufall, dass 1930 in der Monatsschrift Der Querschnitt (Nr. 8) ein Artikel erschienen ist, der sich genau mit diesem Phänomen befasst hat: ›Es lebe das Plagiat‹ (S. 544).

Als Autor zeichnete Pierre Lièvre, der dort von sich behauptet, dass er ›aus Justament‹ die Position des Plagiators ergreife, wäre er es selbst ›auf schmählichste Weise‹. Und warum? Weil man ›in letzter Zeit so unsinnige Beschuldigungen erheben gesehen‹ habe. Auch fühle er sich gar versucht, so Lièvre, bald selbst einer zu werden.

Da haben wir es also. Die Jagd nach Plagiaten führt nur selten zu etwas Gutem. Merke auch: Ja, Plagiate hat es schon immer gegeben, ungerechtfertigte Anschuldigungen aber ebenso.