Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit

Keine Kommunikation ohne Sprache. Braucht es aber auch Normen und Vorschriften? Oder sollten wir lieber darauf verzichten? Eine Rezension aus der Alten Bücherkiste beschäftigte sich ebenfalls mit diesem wichtigen Thema: Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit.


Daten zum Buch

  • Autor: Dieter E. Zimmer
  • Titel: Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit
  • Genre: Sachbuch
  • Verlagsort der Erstausgabe: Hamburg
  • Verleger: Hoffmann und Campe
  • Erscheinungsjahr: 2005

Es ist ja immer so eine Sache, wenn man sich hinsetzt und ein leeres Blatt Papier, eine leere Bildschirmseite oder was auch immer zu füllen sucht. Einfach ist das nie, sollte es nicht sein, da schließlich der, der den Text liest, auch verstehen muss, was der, der den Text geschrieben, denn nun eigentlich gemeint mit dem, was er da eben so leichtfertig in den leeren Raum hineingeschnurpselt hat.

Um uns nun besser verständigen zu können, hat der Mensch die Sprache erfunden. Doch der Gebrauch derselben, der der deutschen zumal, ist nicht immer ganz einfach, das wissen wir alle: All ihrer Fallen und Stricke eingedenk, grenzt es wohl fast schon an ein Wunder, dass es überhaupt noch Texte gibt, die ohne jeden Fehler auskommen.

Wenn wir Kritikastern wie Wolf Schneider, Ruprecht Skasa-Weiß oder Bastian Sick glauben dürfen, dann scheint die deutsche Sprache inzwischen vor die Hunde gegangen zu sein. Das ist wohl nicht der Fall, dennoch seien an dieser Stelle wenigstens ein paar kleine, unauffällige Schnitzer genannt: Populär ist ganz sicher der Elativ, den wir in geläufigen Ausdrücken wie ›in keinster Weise‹ oder ›zur vollsten Zufriedenheit‹ finden.

Reden wir nicht so seit Jahr und Tag mit großer Selbstverständlichkeit, auch wenn ein volles Glas voller zu füllen gar nicht geht. ›Wohlgesonnen‹ ist uns so mancher eventuell, obwohl immerhin noch kaum einer mit ›Gleichgesonnenen‹ rumhängt. Und wie der korrekte Konjunktiv von ›brauchen‹ heißt, weiß wohl ohnehin nur noch ein Sprachakrobat.

Auch der Publizist Dieter E. Zimmer beschäftigt sich in seinem Buch Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit (Hamburg: Hoffmann und Campe 2005) mit Sprachkritik und Sprachwissenschaft, hinterfragt also, ob wir ›gewunken‹ sagen dürfen oder nicht doch lieber ›gewinkt‹, hinterfragt auch, ob wir Sprachkritik überhaupt benötigen, hinterfragt, ob Robert A. Hall nicht Recht hatte, als er sagte, man soll seine Sprache in Ruhe lassen (S. 31), ob also Normen überflüssig, ja, ob nicht gar Wörterbücher und Grammatiken vollkommen nutzlos seien.

Es geht auch um ›McDeutsch‹ (S. 105), darum also, was gut daran ist, was schlecht, fremde Worte einzuführen in die deutsche Sprache, und darum, wie die englische Grammatik in die deutsche hineinzuwirken beginne (S. 149). Ein großes Kapitel ist der Rechtschreibreform gewidmet; das ist naturgemäß besonders spannend, vor allem deshalb, weil Zimmer nüchtern zu analysieren versteht und nicht im Viereck rumspringt wie ein kleines Kind, dem man den Lolli geklaut hat – so, wie es die Sprachexperten tun, die ihren Senf nicht dazugeben durften zur Reform und deshalb Zetermordio rufen und der Welt wohl am liebsten adieu (oder Adieu?) sagen würden.

Zimmer zeigt zwei Dinge auf: Erstens, die Mythen, die sich bei den fundamentalistischen Gegnern der Reform festgesetzt haben; zweitens, die offensichtlichen Schwächen der Reform (Groß-, Getrennt- und Zusammenschreibung usw.).

Ein Buch für jeden, der sich gerne mit der deutschen Sprache beschäftigt. Sehr empfehlenswert.