Brief an Thomas Mann

Vorbemerkung: Von wann dieser Brief stammt, ist unbekannt. Sicher ist nur, dass er, da der Verfasser gerade den Zauberberg liest, nach 1924 geschrieben worden sein muss. Welches Bild der Autor meint, ist ebenfalls ungewiss. Fotografien, auf denen Mann in der unten beschriebenen Weise zu sehen ist, gibt es aber mehr als genug. 


Sehr geehrter Herr Mann,

gewiss, Sie sind ein viel beschäftigter Mann, der ganz etwas anderes zu tun hat, als die täglich auf Sie einströmenden Bitten und Anfragen zu lesen, sie zu beantworten gar. Dass ich es dennoch wage, Sie mit diesem kleinen Briefchen zu belästigen, hat folgenden Grund: Neulich erst habe ich nämlich ein Bild von Ihnen gesehen – ein Bild allerdings, das mir gar nicht gefallen hat. Sie gucken dort so furchtbar hocharistokratisch drein, dass ich schon glaubte, Sie seien mit einer Königlichen Hoheit verwandt. Sind Sie das etwa?

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Buddenbrooks

Thomas Mann ist der wohl bekannteste deutschsprachige Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Sein bestes Buch hat er bereits in jungen Jahren geschrieben: Buddenbrooks.


Daten zum Buch

  • Autor: Thomas Mann
  • Titel: Buddenbrooks. Verfall einer Familie
  • Genre: Roman
  • Verlagsort der Erstausgabe: Berlin
  • Verleger: S. Fischer Verlag
  • Erscheinungsjahr: 1901

Merkwürdig: Auch hier haben wir ein Buch vor uns, das schwach beginnt und umso stärker weitergeht. Ein schlechter Anfang muss halt nicht notwendigerweise ein Todesurteil sein.

Ja, die Leserin steht zunächst einmal vor dem Problem, wie sie sich wohl durch die ersten Kapitel schleppen kann, ohne gleich darüber einzuschlafen. Da ist ein Mensch (eine junge Frau, wie sich später herausstellt) und fragt, was das sei (was auch immer das ›das‹ bedeuten mag). Und dann kommt eine zweite Person herbei und redet in einem Idiom (von ›Düwels‹ und ›demoiselles‹), der wohl manch einer Leserin rechte Rätsel aufgibt.

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Die Pflasterkästen

Viele Autoren haben ihre Erlebnisse aus dem Ersten Weltkrieg literarisch verarbeitet. Einen der besten Romane hat der deutsche Schriftsteller Alexander Moritz Frey geschrieben: Die Pflasterkästen.


Daten zum Buch

  • Autor: Alexander Moritz Frey
  • Titel: Die Pflasterkästen
  • Genre: Roman
  • Verlagsort der Erstausgabe: Berlin
  • Verleger: Gustav Kiepenheuer Verlag
  • Erscheinungsjahr: 1929

Zu dritt werden sie verschickt, der Trambahnschaffner, der Bader und der wortkarge Funk. Es ist September 1915, die Krankenträger fahren in den Krieg. Funks Bataillon steht an der Front, dort, wo es besonders weh tut, wo das Ziel alles Soldatischen nur noch viehisch zu nennen ist.

Funk, der Studierte, ist ganz und gar fehl am Platz, er ist unbrauchbar. Unbrauchbar nicht alleine seiner körperlichen Schwäche wegen, unbrauchbar vor allem auch deshalb, weil er nichts anzufangen weiß mit dem Kriegshandwerk zum einen, mit den französischen Soldaten sich verbunden fühlt zum zweiten. (Was ja durchaus verständlich ist. Im Krieg geht es halt nur ums Überleben, für die einen genauso wie für die anderen.)

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Die Weiße Rose in Romanen

Viele Schriftsteller waren von den Studenten der Weißen Rose so beeindruckt, dass sie sie in ihren Werken kurz erwähnten. Alfred Neumann und Thomas Mann haben wir schon erwähnt. Hier sind drei weitere Romane, in denen die Weiße Rose auftaucht.

1) Meine Schwester Antigone

Grete Weil zieht im 14. Kapitel ihres Romans eine Analogie zwischen Antigone und Sophie Scholl. Sie bezeichnet die beiden als unbequeme, schwierige Menschen, die uns zum Denken zwängen und unser Bewusstsein wach machten.

2) Fatherland (dt. Vaterland)
Robert Harris erwähnt die Weiße Rose im dritten Teil seines bekannten Romans gleich an zwei Stellen. Zuerst im dritten, als Xaver März durchs Studentenviertel in Dahlem wandert, danach noch einmal kurz im fünften Kapitel.

3) Die mittleren Jahre
Heinz Piontek erwähnt im fünften Kapitel seines Romans zunächst die berühmten Mauerinschriften wie Nieder mit Hitler, Hitler der Massenmörder und Freiheit, bevor er sich später imgesamten 23. Kapitel mit dem Widerstand der Studenten beschäftigt.

Alles nur Deppen? Ein Wort über den Genitiv-Apostroph

Der Apostroph ist ein Schriftzeichen, das den Ausfall eines Lautes oder einer Silbe kennzeichnet. Gerne wird es auch vor dem Genitiv-s gesetzt. Das wird heutzutage als falsch gebrandmarkt, war früher aber die Norm.


Die Jagd ist lange schon im Gange. Jäger sind ein paar selbsternannte Sprachhüter, die mit Kanonen auf jene schießen, die den Apostroph nicht immer den amtlichen Rechtschreibregeln gemäß einsetzen. Regen sich die Eiferer aber zu Recht auf? Manchmal wohl schon, doch ist jeder, der einmal einen (angeblich) falschen Apostroph setzt, gleich eine hirnlose Schafherde?

Wozu benötigen wir den Apostroph denn nun eigentlich? Zuerst einmal verwenden wir ihn, wenn wir einen oder mehrere Buchstaben weglassen wollen. Drei Beispiele:

  • ’s ist traurig (statt: Es ist traurig)
  • So ’n Unsinn (statt: So ein Unsinn)
  • Ku’damm (statt: Kurfürstendamm)

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Thomas Mann und die Weiße Rose

Thomas Mann spricht im 21. Kapitel seines Romans Doktor Faustus (Stockholm 1947), der das Leben des Tonsetzers Adrian Leverkühn zum Thema hat, von einem Gelehrten, um den sich der grässlich im Blut erstickte Münchner Studentenaufruhr zentriert habe.

Tatsächlich war Mann vom Widerstand der Weißen Rose so bewegt, dass er die Studenten später in einer seiner berühmten Radioansprachen an das deutsche Volk würdigte. Sendetermin war wahrscheinlich der 12. August 1943, der Text war laut Tagebuch am 26. und 27. Juni entstanden.

Wie wir ebenfalls den Tagebüchern entnehmen können, hatte er etwa zwei Wochen zuvor erstmals von der Weißen Rose gehört. Unter dem Datum des 12. Juni 1943 finden wir dort eine erste karge Notiz, in der er davon spricht, dass er in der liberalen politischen Wochenschrift The Nation einen schwedischen Bericht darüber gelesen habe. Den vollen Text des Flugblatts las Thomas Mann laut Tagebuch am 21. August 1943.

Harter Geist und weiches Herz

Der Darmstädter Verlag auditorium maximum hat ein faszinierendes Hörbuch über die Weiße Rose auf den Markt gebracht: Harter Geist und weiches Herz. Als Autorin zeichnet Barbara Ellermeier.


Harter Geist und weiches Herz (Bild: Verlag auditorium maximum)

Muss man Augustinus gelesen haben, Bernanos, Kierkegaard oder Theodor Haecker gar? Sind ihre ethisch-theoretischen Ansichten zu Themen wie der Welt des Seins und zur göttlichen Gnade wichtig für uns, spielen ihre religiös-philosophischen Gedanken zur dialektischen Theologie oder zum Existenzialismus irgendeine Rolle für unser Wohlergehen? Das mag jeder für sich selbst entschieden. Für die Mitglieder der Weißen Rose stellte sich diese Frage freilich nicht; für sie hatten diese Denker fast so etwas wie lebensnotwendige Bedeutung, sind ihre Bücher es doch gewesen, an denen sie während der Nazizeit ihren Geist schulen konnten.

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Die Alte und die Neue Bücherkiste

Dies ist ein neues Blog. Die auf dem alten Blog veröffentlichten Rezensionen und Hintergrundartikel nehmen wir nach unserem Umzug natürlich mit. Sie werden nach und nach erneut publiziert werden. Zunächst beginnen wir mit unserer damaligen Einführung.


Lesen macht Spaß. Doch welche Bücher sollte man auf jeden Fall gelesen haben? Eine schwere Frage, die natürlich nur rein subjektiv beantwortet werden kann. De gustibus non est disputandum, wie schon die Alten sagten, über Geschmack lässt sich nicht streiten: was dem einen ein Schmaus, ist dem andern ein Graus. Die hier vorgestellte Auswahl gefällt jedenfalls uns sehr gut – und das ist ja wohl das Wichtigste. Einen Kanon stellt diese Auswahl aber nicht dar.

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