Denn sie sollen getröstet werden

Auf unserem Nachttisch befindet sich nun auch ein Buch, das all diejenigen lesen sollten, die sich für das Südafrika der 40er-Jahre interessieren: Denn sie sollen getröstet werden von Alan Paton.


Daten zum Buch

  • Autor: Alan Paton
  • Titel: Cry, The Beloved Country
  • Genre: Roman
  • Verlagsorte der Erstausgabe: London und New York
  • Verleger: Jonathan Cape (London), Charles Scribner’s Sons (New York)
  • Erscheinungsjahr: 1948
  • Deutsche Erstausgabe: Denn sie sollen getröstet werden (Hamburg: Wolfgang Krüger Verlag 1951, Übersetzung: Marta Hackel)

Nelson Mandela saß 27 Jahre lang im Gefängnis. Als Anführer der schwarzafrikanischen Befreiungsbewegung Afrikanischer Nationalkongress (ANC) war er für das Regime in Südafrika ein Terrorist, den es zum Schweigen zu bringen galt. Dass Mandela später Präsident werden sollte, konnte zu dieser Zeit nun wirklich keiner ahnen. Immerhin hatten damals die europäischstämmigen Bewohner das Land autoritär regiert – und das, obwohl die Weißen eine klare Minderheit darstellten.

Die systematische Unterdrückung machte sich natürlich auch in der Gesetzgebung bemerkbar. Außer Weißen konnte niemand für ein politisches Amt kandidieren, weder Schwarze, Asiaten noch Mischlinge. Ihnen wurden gesonderte Wohngebiete zugewiesen, sie durften nicht wählen, nicht dieselben Schulen besuchen wie Weiße, nicht mit denselben Bussen fahren, auch der Zugang zu bestimmten Berufszweigen war ihnen verwehrt.

Die schlimmste Phase der Apartheid begann in den 40er-Jahren. Nachdem die 1944 von Mandela mitbegründete Jugendorganisation des ANC zum Widerstand gegen die Nationalisten aufgerufen hatte, begannen die Weißen bald darauf, ganz gezielt die Angst vor der schwarzen Mehrheit zu schüren. Damit hatten sie auch Erfolg: 1948 gewann die rassistische Nationale Partei die Wahlen und verwandelte Südafrika endgültig in einen Unrechtsstaat. Damals hatte Südafrika etwa 11 Millionen Einwohner, von denen knapp 2 ½ Millionen Weiße waren.

Genau in jenes Jahr fällt die Veröffentlichung des Romans Cry, the Beloved Country, dessen deutscher Titel der Bibel entnommen ist (Matthäus 5, Vers 4). Protagonist ist Stephen Kumalo, ein Umfundisi, ein schwarzer Geistlicher, der sein ländliches Hungerdorf nahe Ixopo in der Provinz Natal verlässt, um in Johannesburg seine Schwester, seinen Bruder und seinen Sohn zu suchen. Er findet die Schwester als Prostituierte, die sich nach dem Wiedersehen bereit erklärt, mit ihrem kleinen Sohn in ihr Heimatdorf zurückzukehren. Sein Bruder ist ein Zimmermann, der sich in der Politik engagiert, mit dem er aber nicht viel gemeinsam hat.

Danach begibt er sich zusammen mit dem Priester Theophilus Msimangu auf die Suche nach seinem Sohn Absalom, der geraume Zeit in einer Besserungsanstalt verbracht und später ein junges Mädchen geschwängert hat. Als Kumalo während seiner Suche von einem Raubmord in der Stadt hört, vermutet er das Schlimmste: ob sein Sohn vielleicht …? Die Ahnung trügt ihn nicht: Absalom sitzt im Gefängnis, beschuldigt des Mordes an Arthur Jarvis, einem Weißen, der sich für die Gleichberechtigung aller Rassen eingesetzt hat.

Es kommt zur Verhandlung, Absalom räumt seine Schuld ein. Für das Gericht gibt es keine andere Wahl, es verurteilt den Mörder zum Tode. Ein Gnadengesuch bleibt ohne Erfolg. Vor seiner Hinrichtung heiratet Absalom noch das junge Mädchen, die von ihm schwanger ist. Sie schließt sich Kumalo an, der mit seiner Schwiegertochter in sein Dorf zurückkehrt – nicht aber mit seiner Schwester, die in der Nacht vor ihrer Abreise fortläuft.

In Ixopo entsteht inzwischen eine neue Welt. Ein junger Landwirtschaftslehrer kommt ins Tal und wird versuchen, die karge Landschaft wieder fruchtbar zu machen. Doch wer bezahlt ihn? Und wer bezahlt die Kosten für den Staudamm, der gerade gebaut wird? James Jarvis, der Vater des Ermordeten. Einst von Vorurteilen gegen die Schwarzen geprägt, sind dem reichen Farmer aus Ixopo nach dem Tod seines ihm zuvor so fremd gewordenen Sohnes die Augen aufgegangen.

Als Nachbar reicht Jarvis den Kumalos die Hand, er hegt keinen Groll gegen die Familie, aus der der Mörder seines Sohnes stammt. Auch Jarvis’ Enkel freundet sich mit Kumalo an und besucht ihn auf seinen Ausritten, wann er immer er kann. Er ist ein Licht im Dunkel Südafrikas, wie Kumalo findet, ein ›kleiner Engel vom Himmel‹, einer, der Hoffnung macht für die Zukunft.

Autor des Romans ist Alan Paton, der am 11. Januar 1903 als Sohn weißer Eltern im südafrikanischen Pietermaritzburg geboren wurde. Nachdem er zunächst in Ixopo als Lehrer gearbeitet hatte, leitete er später 13 Jahre lang die Besserungsanstalt Diepkloof in Johannesburg – eine Einrichtung für kriminelle und gefährdete Jugendliche.

1948 in den USA und England veröffentlicht, wurde Patons Roman auch in Südafrika ein großer Erfolg, woraufhin er seine Stelle aufgab und sich zuerst ganz der Schriftstellerei widmete, ehe er in die Politik ging und 1953 die später verbotene Liberale Partei Südafrikas gründete, der er auch als Vorsitzender und Präsident vorstand. In dieser Funktion setzte er sich im Rivonia-Prozess für Nelson Mandela ein, dem damals die Todesstrafe drohte.

Paton starb am 12. April 1988 in Lintrose, knapp zwei Jahre vor der Freilassung Mandelas aus dem Gefängnis und dem damit verbundenem Ende der Apartheid.