Krieg und Frieden

Russland hat viele große Autoren hervorgebracht. Zu ihnen zählt auch Leo Tolstoi, der den wohl größten Roman der Weltliteratur geschrieben hat: Krieg und Frieden.


Daten zum Buch

  • Autor: Leo Tolstoi
  • Titel: Война и мир (Woina i mir)
  • Genre: Roman
  • Erstveröffentlichung: Русскій Вѣстникъ (Russkiy Vestnik)
  • Verlagsort: Moskau
  • Verlagsort der ersten Buchausgabe: St. Petersburg
  • Erscheinungsjahr: 1868
  • Deutsche Erstausgabe: Krieg und Frieden (Berlin: Verlag von A. Daubner 1885, Übersetzung: Ernst Strenge)

Der erste Satz ist furchtbar. Hätte sich Tolstoi damit nicht etwas mehr Mühe geben sollen? Der erste Satz, heißt es immer wieder, sei besonders wichtig, ohne einen gelungenen Einstieg sei kein Buch etwas wert.

Nicht so bei Tolstoi freilich, der recht langatmig vor sich hin schwafelt – und das im Original in einer Sprache, Französisch, die heute im Gegensatz zu früher kaum noch einer versteht. Und das soll uns dazu animieren, die ganzen 1600 Seiten durchzulesen? Wohl kaum. Ein mitreißender Anfang sieht in der Tat anders aus.

Wahrscheinlich liest den Wälzer heute eh kein Mensch mehr. Früher war das noch anders, da galt der Schinken als Pflichtlektüre, und das vielleicht sogar zu Recht. Auf dem Lehrplan stand es übrigens auch für die Peanuts, die es, obwohl alle noch im Grundschulalter, immer wieder lesen mussten, in den Ferien vor allem – ein schreckliches Los.

Dabei lohnt sich die Lektüre durchaus, auch wenn sie natürlich etwas länger dauert als bei anderen, weniger dicken Büchern. Nett zu lesen ist es in jedem Fall, warum also nicht den Versuch wagen? Außerdem sind ohnehin wohl die Bücher die ansprechendsten, an denen wir Tag um Tag, Woche um Woche, Monat um Monat zu kauen haben.

Einen Nachteil hat die Dicke des Buches freilich schon. Es ist eines jener Bücher, an die wir uns zuerst gar nicht so richtig herantrauen, es ist eines, das wir lieber erst mal für eine Weile links liegen lassen. Doch das ist völlig verkehrt. Einen Grund, die Lektüre abzulehnen, ist die Länge auf gar keinen Fall, keiner sollte sich davon abschrecken lassen, dieses Buch ist eines jener, die wir alle unbedingt einmal gelesen haben sollten in unserem Leben.

(Wer aber den Film von King Vidor bereits kennt, der wird natürlich nur die einzigartige Audrey Hepburn vor Augen haben, wann immer er ein Wort über Natascha findet, aber das ist nicht weiter schlimm –: schließlich kann man sie gar nicht oft genug vor Augen haben.)

Worum geht es in Tolstois Riesenwerk nun eigentlich? Zunächst einmal um einen Langweiler mit Brille und Bauch, Pierre Besuchow. Als Neureicher ist der uneheliche Sohn eines alten Grafen, der nach dem Tode seines wohlhabenden Vaters ausgesorgt hat, auf jeder Party ein gern gesehener Gast. Nur leider gerät er in die Fänge der Kuragins, die eine Hochzeit mit der Tochter des Hauses einfädeln. Da diese sich allerdings als eine Schabracke entpuppt, entwickelt sich die Ehe bald zum Hosenschuss. Zum Glück für Pierre aber segnet die Alte bei der Geburt eines unehelichen Kindes bald das Zeitliche.

Noch eine zweite Gattin stirbt im Kindbett: Es ist dies die Frau von Andrej Bolkonskij, Pierres bestem Freund. Daraufhin zieht er in den Krieg, wird aber in der Schlacht von Austerlitz verletzt, als in der sogenannten Dreikaiserschlacht die Armeen der drei  Kaiser Napoleon I., Franz II. und Alexander I. gegeneinander antraten. Kaum aus dem Kriege heimgekommen, verliebt er sich in Natascha, die Tochter des Grafen Rostow. Weil Nataschas Bruder Nikolai das gesamte Familienvermögen verzockt hat, besitzt die Familie des Grafen keinen Heller mehr.

Andrej verlobt sich mit Natascha, doch die leidet kurzzeitig an geistiger Umnachtung: Auf einmal nämlich will sie lieber mit Pierres Schwager Anatoli Kuragin durchbrennen, einem Ekelpaket sondergleichen. Zum Glück aber wird Natascha im letzten Augenblick noch daran gehindert, auch wenn sie selbst im ersten Augenblick nicht gar so begeistert davon zu sein scheint und sogar sterben will.

Es ist an Pierre, Natascha darüber aufzuklären, dass Anatoli schon längst verheiratet ist. Zudem spendet er ihr Trost, sie soll ihn nämlich als ihren Freund betrachten; und außerdem: wenn sie Hilfe brauche oder Rat, säuselt er ihr ins Ohr, wenn sie das Bedürfnis fühle, ihr Herz auszuschütten … nicht jetzt natürlich, nein, aber wenn es wieder klarer in ihrer Seele sein werde, dann solle sie sich doch seiner erinnern … na, wenn das mal nicht ein eindeutiges Angebot ist.

Und Andrej, was macht der? Na, der dumme Kerl stürzt sich in die Schlacht von Borodino, wo er natürlich schwer verwundet wird. Von ihrer geistigen Umnachtung geheilt, eilt Natascha, als sie den Halbtoten wiedersieht, an sein Krankenlager und pflegt ihn aufopferungsvoll. Doch alle Liebe nützt nichts, auch Andrej stirbt.

Pierre erlebt derweil in Moskau den Einzug der Franzosen und beschließt daraufhin, Napoleon zu töten. Aber es wird nichts daraus, er kommt in ein Gefangenenlager, überlebt den Rückzug der Franzosen und trägt am Ende Natascha seine Hand an (siehe oben), die diese auch gerne annimmt. Sie heiraten, bekommen viele Kinder und sind wohl mehr oder weniger glücklich miteinander.

Auch Nataschas Bruder Nikolai heiratet noch. Zwar würde er viel lieber mit seiner Kusine Sonja zusammenleben (Inzucht zweiten Grades sozusagen), finanzielle Gründe bewegen ihn aber dazu, Andrejs Schwester Mascha zu ehelichen. Trotzdem scheint auch diese Ehe recht glücklich zu sein. Wie schön.