Der Prozess

Ein weiteres Buch aus dem Fundus der Alten Bücherkiste stammt von Franz Kafka: Der Prozess.


Daten zum Buch

  • Autor: Franz Kafka
  • Titel: Der Prozess
  • Genre: Roman
  • Verlagsort der Erstausgabe: Berlin
  • Verleger: Verlag Die Schmiede
  • Erscheinungsjahr: 1925

Max Brod sei Dank. Ohne ihn wüsste die Welt vielleicht kaum etwas über Kafka. Zumindest kennte sie den Prozess nicht, hatte Kafka seinen Nachlassverwalter doch angewiesen, das Manuskript zu vernichten. Der aber ignorierte den letzten Wunsch des Autors, editierte den Text und brachte ihn 1925 heraus. Und die Welt konnte endlich einen ihren größten Autoren entdecken. Max Brod sei Dank.

Es sind sonderbare Geschichten, die Kafka geschrieben hat. Sie sind so merkwürdig, dass die Welt extra ein neues Wort erfunden hat, um sie angemessen zu bezeichnen: kafkaesk. Was aber ist es denn eigentlich, was eine Geschichte kafkaesk macht? Nun, ist denn das, was Kafkas K. widerfährt, normal, ist es alltäglich, ist es das Natürlichste von der Welt? Wohl eher nicht.

Ist K. nicht unschuldig? Und doch wird er ausgerechnet an seinem 30. Geburtstag verhaftet. Gleich am frühen Morgen besuchen ihn zwei mysteriöse Wächtern, die ihn wie nebenbei für verhaftet erklären und ihn dann auch gleich noch im Schlafzimmer der Nachbarin verhören.

Noch abstruser wird die Angelegenheit dadurch, dass K. den Grund für die Verhaftung nicht erfährt. Ein Verbrechen hat er ganz offenbar nicht begangen, aber das ist wohl unwichtig. Die Behörden, sagt einer der Wächter, seien nun mal unfehlbar.

›Es gibt darin keinen Irrtum. Unsere Behörde, soweit ich sie kenne, und ich kenne nur die niedrigsten Grade, sucht doch nicht etwa die Schuld in der Bevölkerung, sondern wird wie es im Gesetz heißt von der Schuld angezogen und muß uns Wächter ausschicken. Das ist Gesetz. Wo gäbe es da einen Irrtum?‹

[Erstausgabe: 1. Kapitel, S. 10 f.]

Was soll K. nun tun? Er weiß es nicht genau. Mal scheint er sich mit allen Mitteln zu wehren, mal scheint er sich in sein Schicksal zu ergeben. Es hat ohnehin alles keinen Zweck: Gegen das Gesetz ist nichts zu machen, es entzieht sich jedem Verständnis, die Schuld, die K. angelastet wird, kann er nicht ergründen. Und so verlaufen alle Bemühungen, sich dem Gericht zu entziehen, erfolglos im Sande, am Vorabend seines 31. Geburtstags wird K. hingerichtet:

Aber an K.s Gurgel legten sich die Hände des einen Herrn, während der andere das Messer ihm ins Herz stieß und zweimal dort drehte. Mit brechenden Augen sah noch K. wie die Herren, nahe vor seinem Gesicht, Wange an Wange aneinander gelehnt, die Entscheidung beobachteten. ›Wie ein Hund!‹ sagte er, es war, als sollte die Scham ihn überleben.

[Erstausgabe: 10. Kapitel, Schlussabsatz, S. 401]

Das ist nur konsequent. Nichts, was in den Behörden geschieht, nichts, was K. auf seinem Weg durch den Gesetzesdschungel widerfährt, ergibt einen Sinn. Sie zu verstehen, ist kaum möglich. K. lebt eben in einer kafkaesken Welt.