Das Kopfkissenbuch der Hofdame Sei Shonagon

Zu unseren Lieblingsbüchern gehören auch die herrlichen Aufzeichnungen einer japanischen Hofdame: Das Kopfkissenbuch der Hofdame Sei Shonagon.


Daten zum Buch

  • Autorin: Sei Shonagon
  • Titel: 枕草子 (Makura no Sōshi)
  • Genre: Miszellenliteratur
  • Entstehungszeit: ca. 1000
  • Deutsche ErstausgabeDas Kopfkissenbuch der Dame Sei Shonagon (München: Ernst Heimeran Verlag 1944, Übersetzung: Helmut Bode)

Es gibt Bücher, die sind anders als die meisten Bücher; und gerade diese Bücher, die anderen, sind zumeist sehr viel spannender zu lesen als jegliches Alltagsgeschreibsel. Bestes Beispiel hierfür ist wohl das berühmte Kopfkissenbuch der Hofdame Sei Shonagon (jp. Makura-no-Soshi), das irgendwann während der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert entstanden sein muss.

Das Besondere an einem japanischen Kopfkissenbuch ist seine Form. In der Tat handelt es sich im Grunde um einen Vorläufer der heutigen Blogs, ein Notiz- und Tagebuch nämlich, in das all jenes geschrieben werden durfte, was man sonst nur einem Kissen anvertrauen würde. Und in einer Zeit, da in nicht mehr als 140 Zeichen gezwitschert wird, passt das Fragmenthafte besonders gut hinein, die spontan niedergelegten Schnipsel genauso wie die skizzenhaften Geschichten, Notate und Histörchen.

Leider wissen wir über die Autorin so gut wie nichts. Schon ihr eigentlicher Name ist unbekannt, Sei Shonagon war schließlich nur ihr Rufname in Hofkreisen. Ihr Vater war ein bekannter Dichter, so viel ist bekannt. Aber sonst? Im Alter von 26 Jahren ist sie in den Dienst der zehn Jahre jüngeren Kaiserin Fujiwara no Sadako (976 bis 1001) getreten, der Gemahlin des 66. Tennos Ichijo (980 bis 1011) – auch das weiß man. Was aber nach dem frühen Tod der Kaiserin aus Sei Shonagon geworden ist, weiß kein Mensch.

Besonders schön am Kopfkissenbuch sind außer der wunderbaren Beschreibung des höfischen Lebens vor allem die sinnreichen Listen, die Sei Shonagon mit leichter, geradezu lyrischer Feder hinzuhauchen versteht. So finden wir einmal zum Beispiel jene Aufzählung ernüchternder Ereignisse oder Dinge, die an zweiter Stelle wie nebenbei das neugebaute Kinderzimmer nennt – nachdem der Säugling gestorben ist.

Die lyrischen Listen alleine sind schon die Lektüre wert, doch auch sonst ist das Konglomerat aus Klatsch und Tratsch, Fiktion und Wirklichkeit ein ganz besonderes Werk, das nicht ohne Grund zu einem Klassiker der japanischen Literatur geworden ist. Mehr noch: Auch hierzulande sollte in jeder guten Bibliothek mindestens ein Exemplar des Kopfkissenbuchs zu finden sein.