Bildnis einer Dame

Eine Frau steht im Mittelpunkt eines der ganz großen Bücher der Weltliteratur: Bildnis einer Dame von Henry James.


Daten zum Buch

  • Autor: Henry James
  • Titel: The Portrait of a Lady
  • Genre: Roman
  • Verlagsorte der Erstausgabe: Boston und London
  • Verleger: Houghton, Mifflin and Company (Boston),
    Macmillan and Co.  (London)
  • Erscheinungsjahr: 1881
  • Deutsche Erstausgabe: Bildnis einer Dame (Köln: Gustav Kiepenheuer Verlag 1950, Übersetzung: Hildegard Blomeyer)

So was ist selten: Ein Roman, der die Leserin heute noch genauso zu fesseln versteht wie die Leserinnen des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Hier haben wir so einen Fall.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Isabel Archer, die nach dem Tod ihres Vaters ihre Heimatstadt Albany im Staate New York verlässt und gemeinsam mit der Mutter ihres Cousins Ralph Touchett nach Europa reist. Nun kommt die Schicksalsgöttin ins Spiel. Sie trifft nämlich genau zu dem Zeitpunkt auf dem Landsitz der Familie Touchett ein, da auch Ralphs bester Freund dort zugegen ist. Für Lord Warburton ist Isabel nicht mehr und nicht weniger als das Wunschbild einer interessanten Frau.

Und warum auch nicht? Isabel hat ihren eigenen Kopf, sie ist unabhängig, offenherzig, trägt das Herz auf der Zunge. Auch Ralph ist natürlich hin und weg von seiner Kusine. Nur leider leidet er an Tuberkulose, weshalb er als Heiratskandidat wohl ausscheidet, auch wenn er von ihrem Wesen noch so entzückt ist. Aber wenn schon nicht als Ehemann, so kann Ralph ihr wenigstens als Freund, Berater und Kumpel zur Seite stehen.

Es bleibt also Lord Warburton als Gemahl? Er möchte schon ganz gerne, doch Isabel sagt nein. So geht es auch einem anderen. Caspar Goodwood hatte schon in Amerika um sie geworben, doch auch ihn hatte sie abblitzen lassen. Ganz so schnell gibt er aber nicht auf. Er fährt mit der festen Absicht nach Europa, Isabel doch noch für sich gewinnen zu können. Isabel will davon aber nichts wissen: Heiraten will sie ihn nicht, genauso wenig wie irgendeinen anderen.

Es kommt schließlich aber doch ganz anders. Da Ralphs Vater ihr auf Ralphs stille Bitte hin einen großen Teil seines Vermögens hinterlässt, reist sie bald als reiche Erbin nach Italien, wo sie eine gewisse Madame Merle kennen lernt, eine in Florenz lebende amerikanische Freundin ihrer Tante.

Leider Gottes ist Isabel von der Merle so fasziniert, dass sie unten und oben nicht mehr voneinander unterscheiden kann. Als die Merle ihr nämlich Gilbert Osmond vorstellt, erleidet Isabel einen Schlag, von dem sie sich nie wieder erholen wird. Obwohl sie es besser wissen müsste, und obwohl ihre Freunde sie davon abzubringen versuchen, verfällt sie dem Charme Osmonds, der nicht nur kalt und hartherzig ist, sondern darüber hinaus auch noch so gefühllos wie ein Roboter in der Nacht.

Übrigens hat Osmond bereits eine Tochter, von der Isabel zunächst nur weiß, dass sie Pansy heißt und im Kloster erzogen wird. Später erfährt sie dann noch, dass Pansys Mutter keine Geringere ist als die Merle, die in längst schon vergangenen Zeiten mit Osmond geturtelt hat.

Dass ihre Ehe ein einziger Reinfall ist, erkennt Isabel allerdings erst, nachdem sie ihr neu geborenes Kind verloren hat. Trotzdem muss Isabel durchhalten, den Mann verlassen ist ja nicht möglich – auch nicht für eine so freiheitsliebende und selbstbewusste Frau wie Isabel.

Was aber zu viel ist, das ist zu viel. Osmond will nämlich seine Tochter verheiraten – und zwar mit Lord Warburton, der zufällig in Rom weilt. Das geht nun allerdings zu weit. Pansy hat ja gar kein Interesse an Warburton, sie ist einem anderen zugeneigt.

Zum Glück wird am Ende nichts aus der Ehe zwischen Pansy und Warburton. Die Ehe von Isabel und Osmond läuft derweil völlig aus dem Ruder. Als ihr Vetter im Sterben liegt, macht sich Isabel gegen den Willen ihres Mannes auf nach England – und fragt ihn vorher, dass er wohl nicht von ihr erwarte, zurückzukommen.

In England erkennt sie dann endlich, dass Osmond sie in der Tat nur des Geldes wegen geheiratet hat. Folgerichtig rät ihr ihre Freundin Henrietta zur Scheidung, doch das lässt Isabels Stolz nicht zu. Dazu müsste sie ja zugeben, dass sie einen Fehler begangen hat – und das geht nun wirklich zu weit. So kehrt sie schließlich doch nach Rom zu ihrem Mann zurück – auch deshalb, weil sie ihrer Stieftochter versprochen hat, sie nicht alleine zu lassen. Ihr schweres Leben geht also weiter, wer aber weiß, wie lange ihr Martyrium noch gedauert haben mag?