Stolz und Vorurteil

Viele der schönsten Bücher der Welt sind von Frauen geschrieben worden. Dazu gehört auch dieser Roman, der wir schon einmal in der Alten Bücherkiste vorgestellt hatten: Stolz und Vorurteil von Jane Austen.


Einen der berühmtesten ersten Sätze der Literaturgeschichte hat Jane Austen verfasst. Stellt sich nur die Frage, ob es wirklich eine allgemein anerkannte Wahrheit war damals, Ausgang des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts, dass ein gut betuchter Junggeselle um alles in der Welt einer Gattin bedürfe?

It is a truth universally acknowledged, that a single man in possession of a good fortune, must be in want of a wife.

[Ausgabe von 1853: Chapter 1, S. 1]

Nun, wahrscheinlich waren es viel weniger die Junggesellen, die sich auf der Suche befanden, in der Regel war es wohl umgekehrt: Die jungen Damen sowohl als auch ihre Mütter waren es zumeist, die ihre Netze ausgeworfen haben, um sich einen feschen jungen Herrn zu angeln.

Daten zum Buch

  • Autorin: Jane Austen
  • Originaltitel: Pride and Prejudice
  • Genre: Roman
  • Verlagsort der Erstausgabe: London
  • Verleger: T. Egerton, Whitehall
  • Erscheinungsjahr: 1813
  • Deutsche Erstausgabe: Elisabeth und Darcy
    (Berlin: Frundsberg-Verlag 1939,
    Übersetzung: Karin von Schwab)

Aber schon mit diesem ersten Satz gelingt Jane Austen das, was ihr immer gelingt: Ihre Romane sind alle mit derart leichter Hand geschrieben, dass wir nur darüber staunen können, wie rasch wir mitten in ihre Geschichten hineingezogen werden.

So also auch diesmal. Sofort verfolgen wir gespannt, ob es der guten Mrs. Bennet gelingt, ihre fünf Töchter im Laufe der Zeit ordentlich zu verheiraten. Hauptsächlich ist es ihr ja nur darum zu tun. Einen Kandidaten hat sie ja schon im Auge, den reichen Bingley nämlich. Welche ihrer fünf Töchter er nun heiraten soll, ob Jane, Elizabeth, Mary, Kitty oder Lydia, das ist der guten Mrs. Bennet ziemlich egal – Hauptsache, wenigstens eine von den fünfen kommt unter die Haube.

Das klappt aber nicht so recht, obwohl Jane, die Erstgeborene, sich durchaus nicht ganz abgeneigt zeigt. Besser sieht es da zunächst für Elizabeth aus, die Zweitälteste, die immerhin schon mal einen Antrag erhält. Für Mrs. Bennet ist dieser ulkige Pfarrer zwar durchaus der Richtige, aber die ist ja ohnehin ein bisschen komisch im Kopf.

Zum Glück aber weiß Elizabeth selbst viel besser, was sie von ihrem Verehrer zu halten hat: Und deshalb sagt sie also nein; und das, was sie ihm sagt, klingt zwischen den Zeilen dann in etwa so: Wie bitte, Mr. Collins, Sie wollen mich heiraten, mich, Elizabeth? Na, Sie sind zwar ein vornehmer Herr, mein Herr, aber seien wir doch mal ganz ehrlich: Sie sind auch ein ganz arger Tropf.

Dann ist da auch noch ein gewisser Fitzwilliam Darcy, ein rechter Schnösel, der gerne von oben herab auf die Menschen guckt, die er weit unter sich zu stehen glaubt. So natürlich auch Elizabeth, die er also liebend gerne ignorieren würde, dies aber – Gott sei es gedankt – letztlich doch nicht kann.

Nun ist Elizabeth aber nicht ganz blöde, und so lehnt sie auch Darcys Antrag erst einmal ab. Ja, wenn er sich mehr wie ein Gentleman verhalten hätte, doch so geht das natürlich nicht. Er sei ja schließlich der letzte Mann auf Erden, den sie heiraten würde, so arrogant wie er sei, so dünkelhaft, so selbstsüchtig. Und wo kämen wir wohl hin, wenn wir jeden x-Beliebigen heirateten:

From the very beginning, from the first moment I may almost say, of my acquaintance with you, your manners impressing me with the fullest belief of your arrogance, your conceit, and your selfish disdain of the feelings of others, were such as to form that ground-work of disapprobation, on which succeeding events have built so immoveable a dislike; and I had not known you a month before I felt that you were the last man in the world whom I could ever be prevailed on to marry.

[Ausgabe von 1853: Vol. II, Chapter 1, S. 170]

Und so ist es auf einmal die jüngste Bennet, Lydia, die als Erste in den Stand der Ehe tritt. Plötzlich grüßt sie also als Mrs. Wickham, was die Familie, Wickhams wegen, fast in Schockschwerenot versetzt. Einen solchen Schwiegersohn will wohl keiner im richtigen Leben haben. In der fiktiven Welt ist das freilich anders. In der Tat brauchte man, wenn es keine Wickhams gäbe, auch keine Romane zu schreiben. Sie sind das Salz in der Suppe unseres Leselebens.

Aber Darcy hat mittlerweile seine Vorurteile bezwungen, den Wickhams – ohne Wissen der Bennets – finanziell unter die Arme gegriffen und ihnen damit aus dem Gröbsten herausgeholfen. Als Elizabeth davon erfährt, erkennt sie endgültig (sie hat es schon vorher geahnt), dass ihr erster Eindruck von Darcy völlig falsch war. Und so nimmt sie Darcys Antrag zum Schluss doch noch an.

If your feelings are still what they were last April, tell me so at once. My affections and wishes are unchanged, but one word from you will silence me on this subject for ever.

[Ausgabe von 1853: Vol. II, Chapter 25, S. 320]

Ein Wort von ihr brächte ihn zwar zum Schweigen, doch Elizabeth, die sich zum Sprechen zwingt, gibt ihm zu verstehen, dass sie seine gegenwärtigen Versicherungen mit Dankbarkeit und Freude entgegennehme.

Ende gut, alles gut sozusagen, so wie immer bei Jane Austen (was wir ihr, warum auch immer, gar nicht vorwerfen können).

Ein herrliches Buch, das auch nach mehr als 200 Jahren nichts von seiner Faszination eingebüßt hat. Wer daran zweifelt, der soll ruhig eine neue deutschsprachige Ausgabe in die Hand nehmen. Diese Leserinnen sind zu beneiden: Ihnen steht ein unvergleichliches Leseerlebnis bevor.