Spontane Selbstentzündung

In Romanen geht es zu wie im richtigen Leben: Menschen werden geboren, Menschen heiraten, Menschen sterben. Manche Todesarten sind allerdings besonders spektakulär. So hat Charles Dickens einmal auch einen Charakter in Rauch aufgehen lassen.


Charles Dickens hat viele seiner Charaktere sterben lassen. Dora (David Copperfield) beispielsweise, die kleine Nell (Der Raritätenladen), Paul Dombey (Dombey und Sohn) und noch einige andere mehr.

Zu den Toten zählt auch der Lumpenhändler Krook (Bleak House). Im 32. Kapitel kokelt es plötzlich ganz gewaltig (man beachte auch die dazugehörige Illustration von Hablot Knight Browne):

Here is a small burnt patch of flooring; here is the tinder from a little bundle of burnt paper, but not so light as usual, seeming to be steeped in something; and here is—is it the cinder of a small charred and broken log of wood sprinkled with white ashes, or is it coal? Oh, horror, he IS here! And this from which we run away, striking out the light and overturning one another into the street, is all that represents him.

[Ausgabe von 1853: Chapter XXXII, S. 320]

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Charles Dickens, ein Antisemit?

Charles Dickens hat in seinem Roman Oliver Twist die Figur des Fagin in das schlechteste Licht gestellt, das man sich nur denken kann. Dabei griff er auf alle antisemitischen Stereotypen seiner Zeit zurück.


War Charles Dickens Antisemit? Zumindest sein Gesellschaftsroman Oliver Twist lässt darauf schließen. Darin nämlich lässt er eine Figur auftreten, die so ziemlich mit den schlimmsten Charaktereigenschaften ausgestattet ist, die man sich nur denken kann. Um einen Christen handelt es sich dabei freilich nicht. Fagin ist der ›Jude‹ – mehr als 250 Mal wird er in der englischsprachigen Erstausgabe des Romans so bezeichnet.

Die antisemitischen Stereotypen sind in der Tat eklatant. Fagin ist der typische jüdische Bösewicht der damaligen Zeit. Dickens zeichnet ihn als einen geldgierigen Geizhals, der gerade diejenigen schamlos ausnutzt, die der Hilfe am dringendsten bedürfen: Seine Diebesbande rekrutiert sich ausschließlich aus Waisenkindern. Selbstverständlich sind auch seine äußeren Merkmale negativ besetzt: Seine Verbrechervisage spricht für sich selbst, ebenso seine furchtbares Näseln und sein ständiges Schulterzucken.

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Oliver Twist

Zu den bekanntesten Romanen von Charles Dickens gehört auch die Geschichte um einen Waisenjungen, der in London in die Fänge eines Großgauners gerät: Oliver Twist.


Daten zum Buch

  • Autor: Charles Dickens
  • Titel: Oliver Twist
  • Genre: Roman
  • Erstveröffentlichung: Bentley’s Miscellany, Februar 1837 bis April 1839
  • Verlagsort der ersten Buchausgabe: London
  • Verleger: Richard Bentley
  • Erscheinungsjahr: 1837
  • Deutsche ErstausgabeOliver Twist (Leipzig: J. J. Weber 1838, Übersetzung: H. Roberts)

Das Leben des jungen Oliver Twist könnte trauriger wohl kaum sein. Als Waisenkind wächst er in einem Armenhaus nördlich von London auf, einsam und unverstanden, ständig terrorisiert von einem der Aufseher.

Kein Wunder, dass Oliver so bald als möglich nach London flieht – vielleicht kann er ja dort sein Glück machen. Doch er kommt vom Regen in die Traufe und landet bei einer Jugendbande, deren Boss, der böse Fagin, ihm alles andere als wohlgesinnt ist.

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David Copperfield

Die Romane von Charles Dickens sind alle lesenswert. Sein bekanntestes Buch ist eine verkappte Autobiografie: David Copperfield.


Daten zum Buch

  • Autor: Charles Dickens
  • Titel: The Personal History, Adventures, Experience and Observation of David Copperfield
  • Genre: Roman
  • Erstveröffentlichung: The Personal History, Adventures, Experience and Observation of David Copperfield, Mai 1849 bis November 1850
  • Verlagsort der ersten Buchausgabe: London
  • Verleger: Bradbury & Evans
  • Erscheinungsjahr: 1850
  • Deutsche Erstausgabe: Lebensgeschichte und Erfahrungen David Copperfield’ s des Jüngern (Leipzig: J. J. Weber 1851, Übersetzung: Julius Seybt)

Eines ist schlecht an diesem Buch: Wieso nur verliebt sich unser Held in Dora Spenlow, wieso, schlimmer noch, heiratet er diese dumme Gans gar? Wir wissen ja nicht, wie es anderen geht, aber unsereins ist jedes Mal heilfroh, wenn dieses Schoßhündchen endlich stirbt.

Aber Dora – das ist ja nur eine Episode in Davids Leben: Als er dem rohrstockverliebten Creakle die Meinung geigt – rufen wir da nicht alle lauthals Bravo? Und wie leiden wir mit, als er sich in der abartigen Schuhwichsfabrik des ebenso abartigen Murdstone abrackern muss.

(Ach, dieser Murdstone, wie lieben wir es, ihn zu hassen; und Murdstones hexenschreckliche Schwester erst: ein Besen, wie es ihn kein zweites Mal gibt auf dieser Welt – diese Frau ist zum Verlieben grässlich).

Und wie gerne lernen wir Davids Freunde kennen, wie gerne umgeben wir uns mit den Peggottys, mit den Micawbers, den Wickfields, wie gerne haben wir den kauzig-liebenswerten Mr. Dick um uns, die kleine Emily, Barkis, Dr. Strong und Traddles, nicht zu vergessen Tante Betsey, Davids Tante, die sein Elternhaus damals, als er geboren wurde, so erzürnt verlassen hat, weil er, wie furchtbar, sich erdreistet hatte, als Junge auf die Welt zu kommen; die Krönung freilich ist diese einmalig verschleimte Kreatur namens Uriah Heep – an ihm können wir uns einfach nicht satt lesen.

Ganz ehrlich: Sind sie nicht die besten Menschen, die das gute alte viktorianische England zu bieten hat? Ja, das sind sie wohl. Denn sie sind ja alles in einem: verschroben, verrückt, verschlagen, aber auch heiter, humorvoll und herzerwärmend.

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Charles Dickens weint um einen Engel

Charles Dickens war mit einer Frau verheiratet, die ihm zehn Kinder schenkte. Geliebt hat er aber eine andere, die früh verstorbene Schwester seiner Gattin.


Als Mary Hogarth im Alter von nur 17 Jahren starb, genügten Charles Dickens drei Worte, um seine Schwägerin zu beschreiben: jung, schön, gütig (young, beautiful and good). Es sind quasi Worte für die Ewigkeit, denn noch heute zieren sie Marys Grabstein auf dem Friedhof von Kensal Green in London.

Wie viel ihm seine Schwägerin bedeutete, wird deutlich, wenn wir daran denken, dass Dickens genau diese Worte auch verwendete, um gleich drei seiner Frauenfiguren zu beschreiben: Rose Maylie aus Oliver Twist, Little Nell aus dem Raritätenladen und Florence Dombey aus Dombey und Sohn.

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Die Frau in Weiß

Es gibt nur wenige Kriminalromane, die zur Weltliteratur gehören. Ein bedeutender Roman dieses Genres stammt von Wilkie Collins: Die Frau in Weiß.


Daten zum Buch

  • Autor: Wilkie Collins
  • Titel: The Woman in White
  • Genre: Roman
  • Erstveröffentlichung: All the Year Round, 26. November 1859 bis 25. August 1860
  • Verlagsort der ersten Buchausgabe: London
  • Verleger: Sampson Low, Son, and Co.
  • Erscheinungsjahr: 1860
  • Deutsche Erstausgabe: Die Frau in Weiß (Leipzig: Voigt & Günther 1861, Übersetzung: Marie Scott)

Wenn die Frage aufkommt, wer zu den Begründern des modernen Kriminalromans zu zählen ist, darf der Name des englischen Schriftstellers Wilkie Collins (1824 bis 1889) auf keinen Fall fehlen.

Wer sich mit seinem Werk beschäftigen möchte, kann aus einem breiten Fundus wählen, als bester Einstieg ist aber ganz eindeutig The Woman in White aus dem Jahre 1860 zu empfehlen. Wer statt des Originals die deutsche Fassung lesen will, der sollte zur Übersetzung von Arno Schmidt greifen.

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Die Alte und die Neue Bücherkiste

Dies ist ein neues Blog. Die auf dem alten Blog veröffentlichten Rezensionen und Hintergrundartikel nehmen wir nach unserem Umzug natürlich mit. Sie werden nach und nach erneut publiziert werden. Zunächst beginnen wir mit unserer damaligen Einführung.


Lesen macht Spaß. Doch welche Bücher sollte man auf jeden Fall gelesen haben? Eine schwere Frage, die natürlich nur rein subjektiv beantwortet werden kann. De gustibus non est disputandum, wie schon die Alten sagten, über Geschmack lässt sich nicht streiten: was dem einen ein Schmaus, ist dem andern ein Graus. Die hier vorgestellte Auswahl gefällt jedenfalls uns sehr gut – und das ist ja wohl das Wichtigste. Einen Kanon stellt diese Auswahl aber nicht dar.

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