Stephen Leacock

Wer sich für nordamerikanische Literatur interessiert, muss auch etwas von Stephen Leacock gelesen haben. Hier in Deutschland ist das allerdings gar nicht so einfach.


Die Leserinnen in den 20er-Jahren hatten es gut: Sie konnten Stephen Leacock auf Deutsch lesen. 1925 sind nämlich im Verlag Williams & Co gleich zwei Bücher des kanadischen Humoristen erschienen: Humor und Humbug sowie Die Abenteuer der armen Reichen, beide übersetzt von E. L. Schiffer-Williams.

Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich Edith Jacobsohn, die Ehefrau Siegfried Jacobsohns, der als Gründer der Weltbühne auch heute noch unvergessen ist (oder es zumindest sein sollte). Eifrigster Schreiber des Blättchens war Kurt Tucholsky, der deshalb natürlich auch gerne Leacocks Bücher besprach, allerdings nicht in der Weltbühne, sondern in der Vossischen Zeitung (›Ein moderner Humorist‹, 26. Juli 1925, S. 9).

Was erfahren wir dort nun? Dass es sich lohne, ›mit diesem Mann intimer bekannt zu werden‹. Na, das klingt doch schon mal sehr vielversprechend. Die Abenteuer der armen Reichen gefallen ihm schon recht gut, doch das zweite Buch hat noch eine zusätzliche Qualität:

Der Band ist also nur amüsant. Aber der andere, ›Humor und Humbug‹, das ist blitzender Leacock, unsere Zeit, unser aller Humor. Spiegel, Brennglas, Mikroskop und tiefere Bedeutung.

Ja, da hat er ganz recht. Der Band enthält insgesamt 26 Geschichten. Sie sind alle herrlich zu lesen. Besonders schön ist – ach was, wir können einfach kein einzelne herausheben.

Nun aber sind wir wieder bei einem leidigen Problem angekommen: Im deutschen Buchhandel ist von Leacock seit vielen Jahren nichts mehr zu finden. Nicht nur die alten Williams-Bände, auch die drei in den 80ern bei Fackelträger erschienenen Bücher sind nicht mehr im Verlagsprogramm enthalten: Der Asbestmann und andere Nonsens-Novellen (1987), Die liebreizende Winnie (1988), Die Hohenzollern in Amerika und andere Satiren (1989).

Was also tun, um Leacock auf Deutsch zu lesen? In den Antiquariaten suchen. Dort nämlich ist Humor und Humbug noch zu finden. Eins ist gewiss: Die Suche lohnt sich. Leacocks Humor ist zeitlos, auch die Leserinnen von heute dürften ihren Spaß daran haben.