Peter Panter und Peter Ganter

Beim Blättern in Tucholskys Texten finden wir auch einen Hinweis auf einen Mann, dessen Name einem seiner zum Verwechseln ähnlich war: Peter Ganter. Der war ein Autor. Peter Panter alias Kurt Tucholsky genauso. Aber Panter und Ganter waren nicht ein und dieselbe Person.


Wer war Peter Panter? Na, das ist einfach. Nur ein Pseudonym, und zwar ein von Kurt Tucholsky genutztes. Wer aber war Peter Ganter? Hm, das ist auf den ersten Blick schon sehr viel schwieriger zu beantworten. Aber gar nicht mehr so schwer, wenn man weiß, dass Peter Panter selbst einmal über Peter Ganter geschrieben hat (am 30. März 1922 in der Weltbühne, S. 334).

Darin erinnerte Tucholsky seine Leserinnen an den Fall um jenen Peter Ganter, der in den Jahren 1908 und 1909 für viel Aufregung gesorgt hatte. Als unbekannter Autor wollte Ganter seinem Roman Doppelte Moral nämlich mit einem kolossalen Werbefeldzug auf die Sprünge helfen. Und zwar so:

An nur einem einzigen Tag, dem 18. Dezember 1908, schickte er mehrere 100.000 Briefe ins Land, in denen er mit vorformuliertem Text den Tendenzroman eines anonymen Verfassers als Skandal schlimmster Art anprangerte, dem Staatsanwalt vorwarf, seine Arbeit nicht ordentlich zu tun (sonst könnte ein solches Buch ja schlecht in die Öffentlichkeit gelangen), und die Herren R. und H. erwähnte, die sogar zur Klage gezwungen seien, genauso wie er selbst sowie der Empfänger des Briefes.

Die Reaktionen waren entsprechend, wie man beispielsweise dem Tagebuch Harry Graf Kesslers entnehmen kann, der ebenfalls einen Brief erhielt. Angeblich war das ganze Staatsministerium in Aufregung und auch die Namen von R. und H. sollen schon bekannt gewesen sein: Rothe und Hunnius. Laut Prager Tagblatt (Abendausgabe vom 19. Dezember 1908, S. 3) wurden in Berlin zunächst gar die Buchhandlungen gestürmt, bis sich schließlich herausstellte, dass es sich um einen Reklametrick handelte.

Doch die Sache löste sich schnell auf, Ganter wurde verhaftet und später angeklagt. Nach seiner Verurteilung tauchte Ganter unter und war wie vom Erdboden verschluckt. Dies führte schließlich zu dem Ereignis, das Tucholsky zu seinem Text veranlasst hatte – und das wohl der Wahrheit entsprach, wie er selbst versicherte:

Und jetzt … Aber was jetzt kommt, ist, so unglaubhaft es klingt, wirklich kein Scherz. »Erfinden Sie das mal, lieber Spitta!« steht bei Hauptmann. Es ist die reine Wahrheit.

Denn plötzlich, Jahre später, tauchte Ganters inzwischen herangewachsener Sohn, der mit seinem Vater keinen Kontakt mehr hatte, in der Redaktion der Weltbühne auf und wollte wissen, ob Peter Panter wohl Peter Ganter sei.

Aber nein, er war es nicht.


Tucholskys Text:
 ›Peter Ganter‹, Autorenname: Peter Panter, Die Weltbühne13/1922, S. 334; der Eintrag von Harry Graf Kessler stammt vom 19. Dezember 1908.