Emily Brontë hat nur einen Roman geschrieben: Wuthering Heights. Das Buch ist heute noch genauso lesenswert wie vor 160 Jahren. Auf Deutsch ist die Geschichte als Sturmhöhe bekannt. Bisher ist sie 13 Mal ins Deutsche übersetzt worden.
Einen Text von einer Sprache in eine andere zu übertragen, ist eine schwere Kunst. Viele Übersetzungen taugen in der Tat nichts, manche sind dagegen durchaus gelungen. Eine faszinierende Lektüre zu diesem Thema ist eine Arbeit von Elsbeth Ort: Kritischer Vergleich zweier deutscher Übersetzungen von Emily Brontës Wuthering Heights (Bern: Francke Verlag 1982).
Das bringt uns auf eine Idee: Warum nicht mal die deutschen Ausgaben des hierzulande als Sturmhöhe bekannten Romans anhand einzelner Sätze miteinander vergleichen? Natürlich kann hier nur an der Oberfläche gekratzt werden, doch für einen ersten Eindruck sollte das schon reichen.
Im Ganzen gibt es 13 deutschsprachige Fassungen. Eine davon stammt von einem anonymen Übersetzer, die anderen sind von Gisela Etzel (1880 bis 1918), Grete Rambach (1873 bis 1941), Alfred Wolfenstein (1883 bis 1945), Gladys von Sondheimer, Hans Bernhard Schiff (1915 bis 1996), Siegfried Lang (1887 bis 1970), Gerhard Lorenz, Martha Fabian, Johannes F. Boeckel, Karl Gassen, Ingrid Rein und Michaela Meßner. Nachfolgend die jeweiligen Erstausgaben:
- Anonymus: Wutheringshöhe (Grimma/Leipzig: Verlags-Comptoir 1851)
- Gisela Etzel: Der Sturmheidhof (Leipzig: Verlag Julius Zeitler 1908)
- Grete Rambach: Sturmhöhe (Leipzig: Insel Verlag 1938)
- Alfred Wolfenstein: Umwitterte Höhen (Zürich: Büchergilde Gutenberg 1941)
- Gladys von Sondheimer: Liebe und Hass auf Wuthering Heights (Zürich: Verlag der Arche 1945
- Hans Bernhard Schiff: Stürmische Höhen (Saarbrücken: Club der Buchfreunde 1948)
- Siegfried Lang: Sturmhöhe (Zürich: Manesse Verlag 1949)
- Martha Fabian: Catherine Linton: Liebe und Hass auf Wuthering Heights (Wien: Verlag Willy Verkauf 1950)
- Gerhard Lorenz: Unerlöstes Herz (Klagenfurt: Eduard Kaiser Verlag 1955)
- Johannes F. Boeckel: Sturmhöhe (Gütersloh: Bertelsmann-Club 1981)
- Karl Gassen: Sturmumwetterte Höhen (Köln: Lingen Verlag 1983)
- Ingrid Rein: Sturmhöhe (Stuttgart: Philipp Reclam Jun. 1986)
- Michaela Meßner: Sturmhöhe (München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1997)
Die Leserin hat also die Qual der Wahl, auch wenn natürlich nicht alle Übersetzungen derzeit im regulären Buchhandel erhältlich sind. Trotzdem halten wir es für das Beste, wenn wir uns sämtliche Versionen näher betrachten. Folgende Ausgaben haben wir hierfür verwendet:
- Anonymus: Wutheringshöhe. Grimma/Leipzig: Verlags-Comptoir 1851, zugänglich über GoogleBooks
- Gisela Etzel: Sturmhöhe. 4. Auflage. Berlin: Aufbau Verlag 2012, überarbeitet von Ilka Saal und Gerhard Wolf (ISBN 978-3-7466-6116-2)
- Grete Rambach: Die Sturmhöhe. Frankfurt am Main/Leipzig: Insel Verlag 2008 (978-3-458-35104-7)
- Alfred Wolfenstein: Umwitterte Höhen. Frankfurt am Main: Büchergilde Gutenberg 1950
- Gladys von Sondheimer: Sturmhöhe. Zürich: Diogenes Verlag 1999 (978-3257231243)
- Hans Bernhard Schiff: Stürmische Höhen. Saarbrücken: Club der Buchfreunde 1948
- Siegfried Lang: Sturmhöhe. 9. Auflage. Zürich: Manesse Verlag 1995 (978-3717514503)
- Martha Fabian: Catherine Linton. St. Gallen: Verlag Zollikofer o.J.
- Gerhard Lorenz: Unerlöstes Herz (Klagenfurt: Eduard Kaiser Verlag 1955)
- Johannes F. Boeckel: Sturmhöhe. München: Goldmann Verlag 2010 (978-3442422258)
- Karl Gassen: Sturmumwetterte Höhen. Köln: Lingen Verlag 1983
- Ingrid Rein: Sturmhöhe. Stuttgart: Reclam Verlag 2010 (978-3150201282)
- Michaela Meßner: Sturmhöhe. 7. Auflage. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2003 (978-3423123488)
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Bevor wir nun aber auf die Qualität der einzelnen Übersetzungen eingehen, müssen wir uns zunächst einmal mit einem anderen Thema befassen. Denn unumstößlich steht nun einmal fest, dass Bücher aus dem vorvorigen Jahrhundert oft Textstellen enthalten, die der heutigen Leserin Verständnisprobleme bereiten.
Was hat es beispielsweise mit dem Begriff ›Chevy Chase‹ auf sich (Kapitel 31), der bei Rambach ohne jede Erklärung auftaucht und nichts mit dem gleichnamigen Komiker zu tun hat? Nun, Lorenz, Schiff, Sondheimer und Etzel (Saal/Wolf) haben eine einfache Lösung parat: Sie lassen den Abschnitt einfach weg.
Anders dagegen bei den übrigen Übersetzungen: Meßner und Rein lassen es wie im Original stehen, erklären die Bedeutung dafür in einer Anmerkung, genauso wie Boeckel, der es allerdings als ›Hetzjagd‹ übersetzt.
Alle anderen Bücher verzichten auf Anmerkungen, übertragen es aber auf unterschiedliche Weise: ›Cheviotjagd‹ (Anonymus), ›Chevy-Chase-Ballade‹ (Lang), ›Die Hetzjagd‹ (Gassen), ›Hetzjagd‹ (Wolfenstein), ›Die Jagd von Chesire‹ (Fabian).
Interessant auch, dass Meßner einmal das Wort ›Grimalkin‹ stehen lässt, ohne es aber näher zu erläutern (drittes Kapitel). Ist das etwa bekannt? Bei Lang findet sich immerhin eine Anmerkung (die allerdings in die Irre führt). Übersetzen kann man es in der Tat schlecht, da selbst die von Rein gewählte Form (›alte Katze‹) nur unzureichend die gesamte Bedeutung wiedergibt.
Sie ist trotzdem allen anderen vorzuziehen. ›Miezchen‹ (Anonymus) und ›Mieze‹ (Fabian, Rambach) sind genauso ungenügend wie ›Katze‹ (Boeckel, Schiff, Sondheimer) oder gar ›Tier‹ (Wolfenstein). Gassen und Lorenz wiederum machen es sich wieder leicht und lassen diese Passage einfach weg. Und was ist mit Etzel? Sie gibt der männlichen Form (›Kater‹) den Vorzug – was wohl nicht die beste Lösung ist.
Es lässt sich also festhalten, dass zumindest ein Nachwort und entsprechende Anmerkungen durchaus nottun. Wie sieht es damit bei den deutschsprachigen Editionen aus?
Mit einem Wort: schlecht.
Zumindest kennen wir keine Ausgabe, die einen ansprechenden Anmerkungsapparat zu bieten hat. Während die meisten ganz auf zusätzliche Informationen verzichten, sind zumindest bei dem einen oder anderen ein paar Fuß- oder Endnoten zu finden. Meßner liefert 22, Boeckel und Rein immerhin 18, während Lang sich mit drei mehr oder weniger unbedeutenden Anmerkungen begnügt. Das ist enttäuschend. Zum Vergleich sei nur auf moderne englischsprachige Ausgaben verwiesen, die in der Regel mehr als 300 Kommentare enthalten. Janet Gezari hat einen neuen, wunderschönen Prachtband (The Annotated Wuthering Heights) sogar mit 643 Anmerkungen versehen. Warum also geht man hierzulande so sparsam damit um?
Auch sonst muss die interessierte Leserin auf Extras weitgehend verzichten. Das ist bei einem Roman, der Mitte des 19. Jahrhunderts geschrieben wurde, mehr als nur eine lässliche Sünde. Nur so können wir doch die Hintergrundinformationen bekommen, die notwendig sind, um sich in das Leben der damaligen Zeit hineinversetzen zu können.
Den besten Eindruck hinterlässt zweifelsohne die heute nicht mehr erhältliche Übersetzung Boeckels, die bei Goldmann erschienen ist. Dem Text der Übersetzung folgt ein reichhaltiger Anhang, der aus insgesamt fünf Teilen besteht. Einem zehnseitigen Nachwort folgt eine Zeittafel zu Emily Brontë, der sich 18 Anmerkungen und eine Ahnentafel anschließen. Abschließend findet die Leserin noch wertvolle bibliografische Hinweise, die zwei volle Seiten umfassen.
Davon könnten sich andere Verlage durchaus eine Scheibe abschneiden.
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Welche Übersetzung ist nun besonders zu empfehlen? Das ist schwer zu sagen. In den meisten Fällen hängt so etwas halt immer auch ein wenig davon ab, welcher Stil der Leserin mehr zusagt: der elegante, aber eben auch etwas altertümliche einer frühen, oder der modernere und frischere einer neueren Übersetzung?
Auch im Fall von Wuthering Heights steht der Leserin eine entsprechende Auswahl zur Verfügung. Die einzelnen deutschsprachigen Versionen stammen nun mal aus ganz unterschiedlichen Jahren: von 1851 (anonym) über 1908 (Etzel), 1938 (Rambach) bis hin zu 1986 (Rein) und 1997 (Meßner). Das macht sich durchaus bemerkbar.
Nun gibt es einen einfachen Test, um herauszufinden, welche Variante einem selbst am besten gefällt. Man nehme eine Textprobe, übersetze sie selbst und schaue anschließend nach, welche der vorliegenden Fassungen der eigenen am nächsten kommt. Nehmen wir folgendes Beispiel aus dem dritten Kapitel:
However, in my dream, Jabes had a full and attentive congregation; and he preached—good God! what a sermon: divided into four hundred and ninety parts, each fully equal to an ordinary address from the pulpit, and each discussing a separate sin!
Wie kann man diese unbekümmerte Plauderei mit ihrer recht willkürlichen Zeichensetzung am besten im Deutschen wiedergeben? Vielleicht so?
Doch in meinem Traum hatte Jabes eine vollzählige und andächtige Gemeinde; und er predigte – guter Gott! welch eine Predigt: in 490 Abschnitte geteilt, von denen jeder an Umfang einer gewöhnlichen Kanzelrede vollkommen gleich kam und jeweils eine gesonderte Sünde behandelte!
Und wie übersetzen andere diese Stelle? Während Fabian, Lorenz und Schiff diese Stelle unterschlagen und bei Sondheimer wieder die Hälfte fehlt, macht Rambach einen merkwürdigen Einschnitt und baut zwischen die Ausdrücke ›and he preached‹ und ›good God!‹ einen unmotivierten Absatz ein. Das zerreißt das Gefüge völlig ohne Not. Die anderen machen es besser, auch wenn die Predigt bei Etzel eingeteilt wird in – Teile.
Noch ein bekanntes Beispiel aus dem ersten Kapitel, in dem es vor allem darum geht, einen lautmalerischen Reim (›chatter‹/›clatter‹) angemessen zu übertragen:
It includes kitchen and parlour, generally; but I believe at Wuthering Heights the kitchen is forced to retreat altogether into another quarter: at least I distinguished a chatter of tongues, and a clatter of culinaryutensils, deep within; and I observed no signs of roasting, boiling, or baking, about the huge fireplace; nor any glitter of copper saucepans and tin cullenders on the walls.
Eine schwierige Aufgabe, die man aber durchaus lösen kann. Wie wäre es damit?
Es umschließt zugleich die Küche und die Stube, doch befand sich die Küche auf Wuthering Heights anscheinend in einem ganz andern Teil – zumindest drang ganz tief aus dem Innern das Geräusch schnatternder Weiber und ratternder Küchengeräte zu mir. Außerdem war um den ungeheuren Kamin herum nichts davon zu sehen, dass gebraten, gekocht oder gebacken wurde; auch fehlten kupferglänzende Kochtöpfe oder Zinnseiher an den Wänden.
Während dem anonymen Übersetzer, Boeckel, Etzel, Fabian, Gassen, Lang, Lorenz, Schiff und Sondheimer das dichterische Vermögen abgeht, den Reim entsprechend zu übertragen, übersetzt Wolfenstein mit ›Geklirr‹ und ›Gewirr‹. Rambach wählt die Variante ›Geplapper‹ und ›Geklapper‹. Meßner und Rein schließen sich dieser Wahl an.
Auffallend aber, dass Rambach an dieser Stelle von der sonst üblichen Praxis abweicht, in festen Formeln wie ›I think‹, ›I hope‹ oder ›I suppose‹ das Verb im Deutschen als Adverb wiederzugeben. Schon Tucholsky hat einmal darauf hingewiesen, dass ›die kleinen Hauptsätze, mit denen der Angelsachse die Hauptsache einleitet, mit Adverbien zu übersetzen‹ seien (→ Die Weltbühne 9/1931, S. 322 f.). Der deutsche Sprachgebrauch ist eben ein anderer als der englische.
Besser als Rambach machen es hier Boeckel (›anscheinend‹), Etzel, Rein (›wohl‹), Meßner, Wolfenstein (›offenbar‹) und Schiff (›schien‹). Der Anonymus, Fabian, Gassen, Lang, Lorenz und Sondheimer wiederum schließen sich Rambach an und übersetzen ›I believe‹ wortgetreu mit ›Ich glaube‹.
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Vor Problemen stehen die Übersetzer von Wuthering Heights immer dann, wenn Joseph in seinen schweren nordenglischen Dialekt verfällt. Wie soll man beispielsweise diese Stelle aus dem zweiten Kapitel adäquat übertragen?
‘T’ maister’s dahn i’ t’ fowld. Goa rahnd by th’ end ut’ laith, if yah went tuh spake tull him.’
Kann man vielleicht extra dafür eine eigene Sprache kreieren? So etwa:
De Härr is unnen innem Pförch fier de Schaaf. Geh rum umme Scheun, wennst mitim spreche willst.
In sechs Übersetzungen kommt der Dialekt leider nicht vor: Anonymus, Gassen, Lang, Schiff, Sondheimer, Wolfenstein. Die anderen aber bemühen sich um eine halbwegs angemessene Übertragung dieses Kauderwelschs, allerdings in ganz unterschiedlicher Nuancierung. Während Fabian, Lorenz, Meßner und Rambach den Dialekt nur andeuten, gehen Boeckel, Etzel und Rein sehr viel kreativer zu Werke.
Nun zu einer schwierigen Stelle gleich zu Beginn des Romans, die im Original trotz aller Nebensätze mit ihrem zweifach abwechselnden Bindeworten›when‹ und ›as‹ sehr schön zu lesen ist:
He little imagined how my heart warmed towards him when I beheld his black eyes withdraw so suspiciously under their brows, as I rode up, and when his fingers sheltered themselves, with a jealous resolution, still further in his waistcoat, as I announced my name.
Wie ist so etwas angemessen zu übersetzen? Viermal das Wörtchen ›als‹ zu setzen, wäre keine gute Lösung. Probieren wir Folgendes:
Er ahnte wohl kaum, wie sehr mein Herz sich für ihn erwärmte, als ich sah, wie seine schwarzen Augen bei meinem Heranreiten argwöhnisch sich unter den Brauen verbargen und er seine Hände in entschiedenem Misstrauen tiefer in die Westentaschen vergrub, als ich meinen Namen nannte.
Das ist durchaus eine Möglichkeit. Vielleicht aber ist es besser, den Satz zu zerschneiden? Das ergäbe ein anderes Resultat:
Er ahnte wohl kaum, dass er mir sympathisch war. Zwei Dinge gefielen mir: Die Art, wie seine schwarzen Augen argwöhnisch sich unter den Brauen verbargen, als ich heranritt, und die Art, wie er, als ich meinen Namen nannte, seine Hände in entschiedenem Misstrauen tiefer in die Westentaschen vergrub.
Oder eher umgekehrt?
Wie argwöhnisch seine schwarzen Augen sich unter die Brauen zurückzogen, als ich zu ihm heranritt, und wie misstrauisch er seine Hände tiefer in die Westentaschen vergrub, als ich meinen Namen nannte: das gewann ihm mein Herz, auch wenn er es nicht ahnen mochte.
Eine beste Lösung gibt es wohl nicht. Die dritte Variante hat schon etwas für sich, auch wenn hier etwas fehlt: Im Gegensatz zu den anderen Varianten wird die Phrase ›jealous resolution‹ nur unzureichend wiedergegeben. Das ›entschiedene Misstrauen‹, das wir Rambachs Übersetzung entnommen haben, lässt sich wohl kaum verbessern. Erstaunlicherweise ist Rambach die Einzige, die diese griffige Formel wählt. Dagegen verfallen Anonymus, Fabian und Lorenz auf eine Kombination, die im Deutschen doch sehr merkwürdig klingt: Alle drei sprechen von ›eifersüchtiger Entschlossenheit‹ – was soll man davon halten?
Ganz allgemein lässt sich feststellen, dass nur Boeckel und Etzel die oben erwähnte dritte Möglichkeit wählen, während alle anderen die erste Variante bevorzugen, die wohl Meßner, Rambach und Rein am besten interpretieren. Und Sondheimer? Die lässt den zweiten Teil des Satzes wieder mal weg. Das macht die Lösung natürlich einfacher.
Als letztes Beispiel sei noch rasch auf den Satz verwiesen, der den Roman abschließt:
I lingered round them, under that benign sky; watched the moths fluttering among the heath and hare-bells, listened to the soft wind breathing through the grass, and wondered how any one could ever imagine unquiet slumbers for the sleepers in that quiet earth.
Eine mögliche Übersetzung könnte so lauten:
Ich blieb noch ein Weilchen bei ihnen unter dem milden Himmel, sah die Nachtfalter zwischen Heidekraut und Glockenblumen umherflattern, lauschte dem sanft durchs Gras flüsternden Wind, und wunderte mich, wie je sich jemand vorstellen konnte, dass der Schlummer der Schläfer in diesem ruhigen Fleckchen Erde unruhig sein könne.
Oder vielleicht am Ende so?
… dass in diesem ruhigen Fleckchen Erde die Schläfer unter einem unruhigen Schlummer leiden könnten.
Der Satz wird von allen in etwa gleichermaßen übersetzt. Freilich fällt auf, dass niemand versucht, die Wortkombination ›unquiet‹–›quiet‹ entsprechend zu übertragen. Erwähnenswert ist hier noch die Wahl von Schiff, der sich bei der Formulierung vom ›weichen Wehen des Windes‹ in einer aberwitzigen Alliteration verliert.
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Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass kaum eine Übersetzung wirklich zu überzeugen vermag. Sieben Versuche fallen deutlich ab. Das betrifft außer dem Anonymus auch Fabian, Gassen, Lorenz, Schiff, Sondheimer und Lang. Dass dessen Übersetzung teilweise recht abenteuerlich ausfällt, hat schon Elsbeth Ort in ihrer Arbeit ausführlich dargelegt. Auch fällt auf, dass der Manesse Verlag inzwischen nicht mehr Langs, sondern Reins Übersetzung verwendet. Das hat wohl seinen guten Grund. Zu Lang deshalb hier nur so viel: Ihn sollte nur lesen, wer sich gerne an ein paar eigentümlichen Formulierungen erfreuen will.
Das Alter merkt man aber auch den Fassungen von Etzel, Rambach und Wolfenstein ein wenig an. Auch sie sind eher mit Vorsicht zu genießen. Bleiben noch die Versionen von Boeckel, Meßner und Rein, die allesamt zufriedenstellend ausfallen. Eine Empfehlung lässt sich da kaum aussprechen. Eins aber spricht für Meßner: Ihre Übersetzung liest sich allgemein sehr flüssig – und das ist noch mal ein Gütesiegel der besonderen Art.