Kai aus der Kiste

Viele faszinierende Artikel, Erzählungen oder Romane finden sich in alten Magazinen. Dazu gehört auch die Geschichte, die Wolf Durian in den 20er-Jahren in der Zeitschrift Der heitere Fridolin veröffentlicht hat: Kai aus der Kiste.


Daten zum Buch

  • Autor: Wolf Durian
  • Titel: Kai aus der Kiste
  • Genre: Roman
  • Erstveröffentlichung: Der heitere Fridolin, 1924 bis 1925
  • Verlagsort der ersten Buchausgabe: Berlin
  • Verleger: Ullstein Verlag
  • Erscheinungsjahr: 1927

Berlin, irgendwann Mitte der 20er-Jahre. Hier finden wir den tollsten Lausbuben, den man sich nur vorstellen kann: Kai, die Große Klapperschlange. Der stolze Anführer der Schwarzen Hand hat alles im Griff, mit seiner Bande von Straßenjungen beherrscht er die Stadt.

Als nun Joe Allan, der in den USA mit seinem Schokoladenimperium so reich geworden ist wie sonst nur ein Ölbaron, in Berlin sein Lager aufschlägt, kennt Kai nur ein Ziel: er will der neue Reklamekönig von Berlin werden.

Wie aber kommt Kai an Allan heran? Indem er sich in eine Kiste setzt und diese dem Industrieboss aufs Hotelzimmer bringen lässt, auf dass er, als diese geöffnet wird, gänzlich unerwartet hervorspringt und Guten Tag sagt. Freilich ist Kai nicht der Einzige, der gerne Allans Handlanger werden möchte. Auch Herr Kubalski legt es darauf an, doch der ist nur ein Erwachsener und als solcher nicht gerade sehr einfallsreich.

Wie anders dagegen Kai, der es mit Kubalski in einem Wettstreit um den Titel des Reklamekönigs aufnimmt. Schon bald weiß die ganze Stadt, welche Schokoladensorte aus dem Hause Allan die Beste ist: TUT, die von Kai propagierte, nicht TAT, die Kubalski populär zu machen sucht. Das Ergebnis fällt dementsprechend aus, Allan erklärt Kai zum Werbefritzen Nummer eins.

Die erste Folge um den Straßenjungen Kai erschien erstmals im 20. Heft des 4. Jahrgangs (S. 7 bis 11) in der Jugendzeitschrift Der heitere Fridolin und endete in Heft 2 des 5. Jahrgangs (S. 7 bis 12). Autor war Wolf Durian (1892 bis 1969), der mit bürgerlichem Namen Wolfgang Walter Bechtle hieß und für sein abenteuerliches Leben bekannt war. Nach dem Abitur war er nämlich nach Amerika gegangen, wo er sich mit so faszinierenden Berufen wie dem eines Holzfällers, Gärtners, Cowboys oder Postreiters durchzuschlagen versuchte. Wieder nach Deutschland zurückgekehrt, studierte er Germanistik und Zoologie, bevor er beim heiteren Fridolin den Posten des Chefredakteurs übernahm.

Der Roman war ein solcher Erfolg, dass die Zeitschrift ihre Auflage bald verdoppelte. Nicht lange danach erschien Kai aus der Kiste auch in Buchform (1926), allerdings veränderte Durian ein Detail seiner Erzählung: aus dem Schokoladen- wurde ein Zigarettenkönig. (Heute kann man sich das kaum noch vorstellen, doch damals war die Zigarettenindustrie eben überall zu finden, auch in Kinderbüchern.) Etwas anders hielt es Regisseur Günter Meyer, der Allan in seinem Fernsehfilm von 1988 zum Kaugummimagnaten machte.

Im Dritten Reich waren die Machthaber übrigens nur wenig begeistert davon, dass hier ein Amerikaner eine tragende Rolle spielt. Tatsächlich war den Nazis das Buch viel zu proamerikanisch, weshalb sie es bald schon auf den Index setzten. Erst nach dem Krieg durfte es wieder erscheinen.

Dem Erika Klopp Verlag ist es zu danken, dass der Roman seit 1995 wieder in seiner ursprünglichen Fassung vorliegt. Das ist schön.