Goethe besäuft sich

Anekdoten über Goethe gibt es viele. Ob die von Eduard Genast übermittelte Gesichte über Goethes Besäufnis der Wahrheit entspricht, ist freilich schwer zu sagen.


Der Schauspieler Eduard Genast erwähnt in seinem Büchlein Aus dem Tagebuche eines alten Schauspielers ein Gespräch vom 27. August 1818 zwischen Goethe, dessen Arzt Wilhelm Rehbein und Goethes Diener Karl Stadelmann.

Danach hatte Goethes Diener zwei Flaschen Rotwein nebst zwei Gläsern in Goethes Räumlichkeiten abgestellt, welche, nachdem Goethe aufgestanden war, von jenem mit großem Genusse ausgetrunken worden sein sollen. Als Rehbein eintrat, sagt Genast, habe sich folgender Dialog entspannt:

Goethe. Ihr seid mir ein schöner Freund! Was für einen Tag haben wir heute und welches Datum?
Rehbein. Den siebenundzwanzigsten August, Exzellenz.
Goethe. Nein, es ist der achtundzwanzigste und mein Geburtstag.
Rehbein. Ach was, den vergesse ich nie; wir haben den siebenundzwanzigsten.
Goethe. Es ist nicht wahr! Wir haben den achtundzwanzigsten.
Rehbein (determiniert). Den siebenundzwanzigsten!
Goethe (klingelt, Karl tritt ein). Was für ein Datum haben wir heute?
Karl. Den siebenundzwanzigsten, Exzellenz.
Goethe. Daß dich – Kalender her! (Karl bringt den Kalender.)
Goethe (nach langer Pause). Donnerwetter! Da habe ich mich ja umsonst besoffen!

[Genast 1865: Dritter Theil, erstes Kapitel, S. 18]