The Beautiful and Damned

Scott Fitzgerald war zu seiner Zeit der großartigste Schriftsteller der USA. Wer ihn einmal im Original genießen will, sollte zu diesem Hörbuch aus dem Hause Bertz + Fischer greifen: The Beautiful and Damned.


Daten zum Buch

  • Autor: F. Scott Fitzgerald
  • Titel: The Beautiful and Damned
  • Genre: Roman
  • Verlagsort der Erstausgabe: New York
  • Verleger: Charles Scribner’s Sons
  • Erscheinungsjahr: 1922

Hemingway, klar, den kennt jeder; auch Faulkner ist bekannt, Updike natürlich, aber Fitzgerald? Gehört der wirklich zu den herausragenden Autoren Amerikas? Noch heute darf man diese Frage stellen, zumindest hierzulande, in den USA selbst ist das mittlerweile glücklicherweise ganz anders geworden. Dort weiß inzwischen wohl jeder, dass Scott Fitzgerald eben nicht nur der versoffene, heruntergekommene, abgehalfterte Zweitligaliterat war, für den er in den ersten Jahrzehnten nach seinem Tod angesehen wurde.

Die Renaissance hat zwar eine Weile gedauert, doch seit den 70er-Jahren, spätestens seit der Verfilmung des Großen Gatsby mit Robert Redford und Mia Farrow in den Hauptrollen, haben die Amerikaner den vielleicht größten ihrer Schriftsteller der Verlorenen Generation wiederentdeckt. Man denke nur an das Wort von Hemingway, der ja einst gesagt (Paris – ein Fest fürs Leben, 17. Kapitel), dass Fitzgeralds Talent so natürlich sei wie das Muster, das der Staub auf den Flügeln des Schmetterlings bilde (was auch immer das bedeuten möge).

Nun sollte man nicht alles, was Hemingway je von sich gegeben hat, allzu wichtig nehmen; dass aber Fitzgerald ein sehr viel besserer Schriftsteller gewesen ist als Hemingway steht außer Frage.Das Schattendasein in den USA ist also längst vorbei, und auch in Deutschland finden sich immer mehr Fitzgeraldologen zusammen – und das ist auch gut so.

Am 24. September 1896 in St. Paul (Minnesota) als Francis Scott Fitzgerald geboren, studierte er von 1913 bis 1917 an der berühmten Universität von Princeton, woselbst er sich aber wohl sehr viel weniger seinen Studien als vielmehr seinen künstlerischen Neigungen widmete.

Als die USA in den Krieg eintraten, wollte Fitzgerald, ganz der Angeber der er war, natürlich sofort mittun; er brach sein Studium ab, trat der Armee bei, wurde aber nie nach Europa geschickt. Traurig für ihn, noch trauriger wahrscheinlich aber, dass er 1918 die junge Zelda Sayre kennen lernte, der er sogleich mit Haut und Haaren verfiel. Die Beziehung zwischen den beiden gehört sicherlich zu den spannendsten, aberwitzigsten, irrsinnigsten und erregendsten der Literaturgeschichte.

Einen großen Teil dieser Liebesgeschichte beschreibt er im zweiten seiner Romane, Die Schönen und Verdammten (1922), den der Berliner Film- und Hörbuchverlag Bertz + Fischer in der ungekürzten Originalversion als MP3-CD veröffentlicht hat. Als Sprecher fungiert dabei der amerikanische Synchron- und Hörbuchsprecher William Dufris, der den Hörer auf wunderbare Weise durch Fitzgeralds diabolische Welt begleitet.

Wer das Leben des ganzen Fitzgerald kennen lernen will, sollte deshalb auch seinen ersten Roman lesen, mit dem er zwei Jahre zuvor einen erstaunlichen Erfolg gefeiert hatte, sowohl beim Publikum als auch bei der Kritik. This Side of Paradise (dt. Diesseits vom Paradies) handelt von Fitzgeralds Jugend und seiner Zeit in Princeton und ist äußerst lesenswert.

Im selben Jahr, in dem der Roman veröffentlicht wurde (1920), heiratete er auch Zelda. Vielleicht sollten wir eher sagen, dass Zelda ihn geheiratet hat, denn mit einem armen Schlucker wollte sie nichts zu tun haben; erst als Geld vorhanden war, sagte sie mit Freuden Ja – aber wer kann ihr das verdenken? Die Neuvermählten ließen es jedenfalls mächtig krachen, die wilden 20er-Jahre kamen ihnen wie gerufen, bei jeder Feier waren sie mittenmang dabei; wenn jemand das abenteuerlustige Amerika des sogenannten Jazz Age verkörperte, dann nur dieses Paar.

Auch in den Schönen und Verdammten lassen die Helden es sich gut gehen. Anthony ist ein lebenslustiger Jüngling, der in New York lebt, wo er es sich als eleganter Müßiggänger wohl sein lässt. Seine Eltern sind früh gestorben, jetzt wartet er nur noch auf das Ableben seines millionenschweren Großvaters, der ihm schon ein Studium in Harvard ermöglicht hatte. Allerdings ist Anthonys Großvater von der jungen Gloria, die Anthony gerne heiraten möchte, nicht sehr begeistert, noch weniger freilich von seinem Enkel, den er just zu einem Zeitpunkt besucht, da dieser gerade ein zünftiges Trinkgelage feiert.

Als Befürworter der Prohibition kann der Bürgerkriegsveteran natürlich nicht anders als seinen Enkel zu enterben. Nach seinem Tod wollen Anthony und Gloria das Erbe zwar einklagen, der Prozess zieht sich aber ewig in die Länge. Sie erhalten erst dann Recht, als sie zu nichts mehr zu gebrauchen sind. Anthony ist ein heruntergekommener Trinker, der mit dem Geld nichts mehr anfangen kann, Gloria hat sowohl ihre Schönheit als auch ihre Eigenständigkeit verloren. Ces’t la vie.

Die Kritiker waren von Fitzgeralds Zweitwerk nur mäßig begeistert, auch die Verkaufszahlen ließen zu wünschen übrig. Doch auch wenn er sicherlich bessere Bücher geschrieben hat, so darf dennoch nicht vergessen werden, dass Fitzgerald hier auf eine ganz und gar beeindruckende Weise die Beziehung zwischen zwei Menschen beschreibt, die, in der Fiktion wie im realen Leben, sich gegenseitig nach unten ziehen, immer tiefer in den Abgrund hinein, bis sie zerschlagen und zerstört am Boden liegen.

Das ist umso bemerkenswerter, als Fitzgerald das Buch im ersten Jahr seinen Ehe geschrieben hat, lange bevor der große Niedergang einsetzte. Doch seine hellsichtigen Augen sahen wohl schon jetzt, wohin sein eigenes Leben genauso wie das von Zelda einst führen würde: in den Untergang. (Und Fitzgerald hat alles schon so früh gewusst.)

Tatsächlich erging es den Fitzgeralds bald ganz ähnlich wie Anthony und Gloria, auch sie lebten buchstäblich wie im Rausch, auch sie zerstörten sich gegenseitig, auch sie endeten als Wracks. So eritt Zelda in den frühen 30er-Jahren zwei Nervenzusammenbrüche, woraufhin sie in ein Sanatorium eingewiesen wurde, wo sie ihr restliches Leben bis zu ihrem Tod im Jahr 1948 verbrachte. Sie war eine von neun Patientinnen, die ihr Leben verloren, als in der Nacht zum 11. März in der Küche ein Feuer ausbrach, das sich rasch bis in die Schlafräume im oberen Stockwerk fraß. Zu jenem Zeitpunkt lag Fitzgerald, der am 21. Dezember 1940 an einem Herzinfarkt gestorben war, schon längst unter der Erde.

Sein trauriges Schicksal ist vielleicht auch dafür verantwortlich, dass Fitzgerald lange vergessen blieb. Ende der 30er-Jahre versuchte er sich sogar als Drehbuchschreiber in Hollywood, kam damit aber nicht so recht voran. So bearbeitete er kurzzeitig auch das Skript für die Filmversion von Gone with the Wind (dt. Vom Winde verweht), wurde aber schnell wieder von dem Projekt abgezogen. Niemand wollte mehr etwas von ihm wissen, er wurde halt nicht mehr gebraucht.

Mit seinem unvollendeten Spätwerk The Last Tycoon (dt. Der letzte Taikun) hat er aber noch einmal beweisen können, dass er zu den größten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts gehört. Der Weg dorthin war nicht eben leicht, aber einen wichtigen Schritt auf dem Weg dorthin hat er mit seinem zweiten Roman gemacht. Wer Fitzgerald kennen (und vor allem verstehen) lernen will, der muss dieses Buch lesen – oder es sich vorlesen lassen.

Das Rezensionsexemplar wurde uns freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.