Der Deppen-Apostroph bei Pfemfert

Viele Leute machen sich gerne über den gerne sogenannten DeppenApostroph lustig. Warum, wissen wir nicht. Die, die ihn nutzen, sind jedenfalls keine Deppen. Auch Franz Pfemfert benutzte ihn noch im Jahre 1911 sehr gerne. Schauen wir uns nur einmal ein paar Überschriften der von ihm herausgegeben Wochenschrift Die Aktion an:

Bahr’s „Kinder“

[Nr.5, Spalte 141]

Gurlitt’s Erziehungslehre

[Nr. 15, Sp. 453]

Ein neuer Roman Max Brod’s

[Nr. 19, Sp. 589]

Der philosophische Versuch Herbert Spencer’s

[Nr. 24, Sp. 749]

Auch in der neuen, von Maud von Ossietzky herausgegebenen Weltbühne finden sich nach dem Krieg noch solche Apostrophe wie beispielsweise in dieser Überschrift:

Rudolf Pechel’s „Deutschenspiegel“

[Nr. 9/1946, Seite 277]

Ja, auch das waren alles Deppen.

Trotz – des oder dem?

Mit der deutschen Sprache hat man es nicht immer ganz leicht. Was ist beispielsweise zu tun, wenn wir die Präposition trotz hinschreiben?


Sprache verändert sich. Was vor 100 Jahren richtig war, kann heute verkehrt sein. Manchmal wird es ganz kompliziert. So im Falle der Präposition trotz. Ist anschließend der Genitiv oder den Dativ vorzuziehen?

Beides geht, so viel ist klar. Was aber ist vorzuziehen? Für Karl Kraus war die Sache klar: Trotz werde richtig mit dem Dativ verbunden, antwortete er in einer frühen Ausgabe der Fackel (7/1899, S. 19) einem Leser, der schon damals offenbar nur den Genitiv als richtig empfand. Das hatte seinen Grund, denn der Wechsel vom ursprünglich verwendeten Dativ zum Genitiv war bereits damals fast abgeschlossen.

Nicht alle wollten dies aber wahrhaben. So auch Kraus, der die genitivische Anwendung eine ›ehrwürdige Schlamperei des Sprachgebrauchs‹ nannte. Dennoch waren einige Leserinnen anderer Meinung, Kraus musste jedenfalls in der darauffolgenden Ausgabe (8/1899, S. 24) mit einer neuen Antwort weitere Aufklärungsarbeit leisten:

Sprachgefühl, verstärkt durch die Erwägung, dass es sich hier um eine Ellipse handelt: „Trotz (biete ich) dem ….“ In guten Büchern fast ausschließlich, in der Tagesliteratur nie zu finden.

Inzwischen hat sich der Genitiv durchgesetzt, Karl Kraus zum Trotz.

Das generische Maskulinum

Wie schon an anderer Stelle vermerkt, verwendet jedes Haus seine eigenen Schreibweisen. Nun betrifft das auch einen Punkt, den wir damals unerwähnt gelassen haben: das generische Maskulinum. Das wird fast immer und überall gerne benutzt, nicht so aber bei uns.

Ja, sonst geht es immer andersrum: Dichter statt Dichterinnen, Lektoren statt Lektorinnen, Verleger statt Verlegerinnen. Nun fragen wir aber: Können wir anstelle des generischen Maskulinums nicht auch das generische Femininum verwenden?

Wir kennen den Einwand: Auch dies sei wieder ungerecht, statt der Frauen würden nun die Männer ungleich behandelt. Wirklich? Alle Leserinnen, die sich ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen, werden schnell erkennen, dass dieses Argument wohl kaum zutrifft.

Rechtschreibung ändert sich

Viele Puristen ärgern sich über eine sich verändernde Sprache. Dabei tun sie meistens so, als hätte sich die Sprache vor ihren Lebzeiten noch nie verändert. Erst jetzt, in der modernen Welt, tritt ihrer Meinung nach ein solcher Wandel deutlich zu Tage.

Freilich haben sich schon früher die Pedanten darüber geärgert. Als Beispiel sei nur Anselm Ruest genannt, der in der ersten Ausgabe der Wochenschrift Die Aktion vom ›Beruf des Litteraten‹ schrieb und in Klammern noch eine Bitte hinzusetzte: ›Drucken Sie zwei t‹ (Nr. 1/1911, Spalte 14).

Und heute? Heute käme wohl kaum jemand auf die Idee, das Wort mit einem Doppel-t zu schreiben.

Weekend oder Wochenende

Beim Blättern in alten Papieren sind wir wieder auf einen faszinierenden Artikel gestoßen. Darin beschreibt der Autor ein Phänomen, das heute viele Sprachkritiker in Begeisterungsstürme ausbrechen ließe: die Eindeutschung eines aus dem Englischen stammenden Begriffs.


Die Comedian Harmonists sprechen mit ihrem Song allen Menschen aus dem Herzen: Wochenend und Sonnenschein – kann es etwas Schöneres geben? Wohl kaum.

Die Melodie verbreitet entsprechend gute Laune. Geschrieben hat sie der amerikanische Komponist Milton Ager, dessen 1929 entstandenes Originalstück Happy Days Are Here Again später von Franklin Delano Roosevelt als Wahlkampfschlager eingesetzt wurde. Den Originaltext schrieb Jack Yellen.

Auch die Comedian Harmonists nahmen das Lied in ihr Repertoire auf, allerdings in einer deutschen Fassung. Autor des Texts war Charles Amberg.

Der konnte bei der Wahl des Titels auf ein Wort zurückgreifen, das noch wenige Jahre zuvor in Deutschland unbekannt gewesen war. Wie wir im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm erfahren, ist das Wort erst seit dem Weltkrieg modisch geworden – und zwar durch den englischen Begriff weekend.

Ein englischer Ausdruck, der einfach so in die deutsche Sprache übernommen wird? O Zeiten, o Sitten.

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Greene und das Ausrufezeichen

Ausrufezeichen sind umstritten. Auch in Graham Greenes Roman A Burnt-Out Case (dt. Ein ausgebrannter Fall) begegnet uns eine junge Dame, die vom eher fragwürdigen Nutzen eines Ausrufezeichens überzeugt ist.

Ein Satz mit einem Ausrufezeichen am Ende bedeute unzweifelhaft, sagt Marie Rycker, dass der Satz nicht ernst zu nehmen sei. Die Nonnen (die ihr Englisch beigebracht hatten) hätten es immer als Marktschreierzeichen bezeichnet.

Johnsons Wörterbuch

In Miss Pinkertons Lehranstalt ist es üblich, den Schulabgängerinnen jeweils ein Exemplar von Dr. Johnsons berühmten Wörterbuch zu übergeben (Jahrmarkt der Eitelkeit). Gemeint ist damit das legendäre A Dictionary of the English Language (London 1755) des ebenso legendären Samuel Johnson (1709 bis 1784), dessen Wörterbuch alle nachfolgenden Lexika über die englische Sprache maßgeblich beeinflusst hat.

Bemerkenswert ist vor allem, dass Johnson mehr als 100.000 literarische Zitate als Belege mit in sein Buch aufgenommen hat. Das hatte es vorher noch nicht gegeben. Johnsons Wörterbuch blieb lange Zeit unangefochten das Standardwerk über die englische Sprache, erst das Oxford English Dictionary, dessen erster Band im Jahr 1884 erschien, machte es schließlich überflüssig.

Schreibweisen

Beim Blättern in Tucholskys Texten stoßen wir auf einen Artikel, dessen Titel ungewöhnlich geschrieben ist. Doch das hat seinen guten Grund. Die amtliche Rechtschreibung ist prinzipiell zwar eine gute Sache, doch letztlich ist niemand gezwungen, sich daran zu halten. Bei Publikationen sind ohnehin Hausschreibungen üblich. So auch bei der Bücherkiste.


Oft sind es die eigentlich eher humorvoll angelegten Texte, die für die größte Aufregung sorgen. Welche Arbeit beispielsweise brachte Kurt Tucholsky die schärfsten Kritiken ein? Eine Satire. Die nämlich forderte fast so viel Widerspruch heraus wie alle seine großen politischen Artikel zusammengenommen. Und warum? Weil er der Deutschen liebstes Kind anzugreifen gewagt hatte – den Hund.

Na, Tucholsky zog aber auch so richtig schön vom Leder. Tier und Tierhalter bekamen gleichermaßen ihr Fett weg, alle Hunde waren ihm ein Graus, alle Hundebesitzer nicht minder. Nein, aus seinem Herzen machte er in der Tat keine Mördergrube. Eins steht jedenfalls fest: Wenn einer mal so richtig Tacheles geredet hat, dann Tucholsky in seinem ›Traktat über den Hund‹ (der am 2. August 1927 zunächst in der Weltbühne erschien, ehe er am 13. August 1927 im Prager Tagblatt nachgedruckt wurde, S. 3).

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Kafkas Apostroph

Kafkas Prozess endet mit K.s Hinrichtung. Kafka schreibt an einer Stelle von ›K.s Gurgel‹. In der später erschienenen Kritischen Ausgabe wird jener Apostroph dazwischengeschoben, der heutzutage von wenig wohlmeinenden Zeitgenossen gerne als Deppen-Apostroph bezeichnet wird.

Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass der Genitiv-Apostroph vor noch gar nicht so langer Zeit vollkommen üblich gewesen ist. So haben ihn Thomas Mann und Carl Zuckmayer auch dann noch benutzt (in den 1950ern), als der Duden ihn schon längst als verboten gebrandmarkt hatte.

Heute erlebt der Genitiv-Apostroph gerade eine Renaissance, sehr zum Verdruss aller Sprachpedanten, Schulfuchser und Besserwisser.

Worte auf -nf

Wer nach deutschen Worten gefragt wird, die auf ›nf‹ enden, hat vielleicht ein oder zwei, im unwahrscheinlichen Falle gar drei oder vier Wörter parat. Das sind also: Hanf, Senf, Genf, fünf. Im Duden findet sich aber noch ein fünftes Wort. Weiß jemand, welches?