Ein kommender Dichter

Unter diesem Titel findet sich im Novemberheft 1932 der Monatsschrift Der Querschnitt (Nr. 11/ 1932) ein Beitrag von Hans-Adalbert Freiherr von Maltzahn zu einem jungen Dichter aus Frankreich: Gui Bernard de la Pierre.

Maltzahn bespricht hier einen Autor, der ›seit Monaten die Blicke der Eingeweihten durch einen vierbändigen Erstlingsroman‹ fessele, der demnächst bald erscheinen werde: Le Relais difficile. Was ist von diesem Schriftsteller wohl zu halten? Maltzahn jedenfalls lobt ihn in den höchsten Tönen und spricht am Ende von de la Pierre als einer der ›kostbarsten dichterischen Hoffnungen‹.

Das klingt verlockend. Kann man sich das Buch vielleicht einmal beschaffen? Ja, wenn das ginge. Es geht aber nicht. Zu finden ist es nirgends, es ist nie veröffentlicht worden

Im Westen nichts Neues: Zahlen und Daten

Erich Maria Remarque ist mit seinem Antikriegsroman Im Westen nichts Neues ein Welterfolg geglückt. Allerdings ist die Frage nach der Zahl der verkauften Exemplare nicht ganz leicht zu beantworten. Von besonderem Interesse sind deshalb die Angaben, die in einer Ausgabe der Monatsschrift Der Querschnitt zu finden sind (Nr. 8, 1930, vor S. 567).

Dort werden die Zahlen von 23 verschiedenen Ausgaben genannt. Danach wurden in Deutschland bis zu jenem Zeitpunkt ›über 1.000.000 Exemplare‹ gedruckt, in Frankreich immerhin 440.000, in Russland 400.000, in England 360.000, in Nordamerika 325.000 und auch in Spanien lag die Auflage schon in sechsstelliger Höhe (105.000).

Zahlen werden auch für eine Jiddische Ausgabe (6700) und eine in Esperanto (2400) genannt. Die Gesamtauflage des Romans in 28 Sprachen betrug laut dieser Quelle damals ›fast 3 ½ Millionen‹ Exemplare. Da kann kaum ein anderes Buch mithalten.

Hölderlin im Turm

Friedrich Hölderlin verbrachte die letzten Jahre seines Lebens im heute so genannten Hölderlinturm in Tübingen. Ob seine Geisteskrankheit mit seiner unglücklichen Liebe zur Bankiersgattin Susette Gontard zusammenhing?


Friedrich Hölderlin war 32 Jahre alt, als sich erste Anzeichen einer Geisteskrankheit bei ihm bemerkbar machten. Das war 1802. Ob auch eine Liebelei damit zu tun hatte? Eine berechtigte Frage. Denn in den Jahren zuvor hatte er sich in eine Affäre verstrickt, die genauso leidenschaftlich wie unglücklich verlief.

Es war gerade die Zeit, da Hölderlin seinen Roman Hyperion abschloss. Schiller hatte ja schon am 9. März 1795 in einem Brief auch den Verleger Johann Friedrich Cotta auf Hölderlin aufmerksam gemacht: ›Er hat recht viel genialisches und ich hoffe auch noch einigen Einfluß darauf zu haben.‹

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Tristram Shandy: abgelehnt

Laurence Sterne hat das großartigste Buch der Welt geschrieben: Tristram Shandy. Doch der Verleger lehnte das Manuskript zunächst ab.


Die Altvorderen waren begeistert. Laut Goethe war er der ›schönste Geist, der je gewirkt hat; wer ihn liest fühlt sich sogleich frei und schön; sein Humor ist unnachahmlich, und nicht jeder Humor befreit die Seele‹. Auch Heine wusste nur Gutes über ihn zu sagen: ›Er ist, wie ich schon erwähnt, ebenbürtig mit William Shakespeare, und auch ihn, den Lorenz Sterne, haben die Musen erzogen auf dem Parnaß‹.

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Sylvia Beach hilft James Joyce

James Joyce hat einen der berühmtesten Romane des 20. Jahrhunderts geschrieben: Ulysses. Die Veröffentlichung bereitete ihm allerdings große Probleme.


Als James Joyce an seinem Roman Ulysses arbeitete, bestand eine seiner größten Sorgen darin, ob er das Buch auch würde veröffentlichen können. In zwei Zeitschriften waren zwar Teile der Geschichte vorab erschienen, mit keinem guten Ergebnis jedoch: So war die amerikanische Zeitschrift Little Review mehrmals beschlagnahmt worden, ehe die beiden Verlegerinnen Margaret Anderson und Jane Heap dann auch wegen Veröffentlichung obszöner Schriften noch angeklagt wurden (→ Beach 1982, S. 55).

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Frau Aja zum Namen Tristram

Laurence Sterne hat seinem Helden den Namen Tristram verpasst. Dass dies ein ganz und gar unmöglicher Name für ein Kind ist, wusste auch Goethes Mutter, die einst (in einem Brief an Caroline Großmann vom 19. Dezember 1777) deutlich gemacht hatte, welche Namen zu meiden seien:

Tausendt Element dachte ich wenn die liebe Frau ins Kindbett käme und wüßte unser nahmen nicht und sie Taufften das arme Kind in der Angst Ursula, Angnes, oder wohl gar Tristmegistus.

Die Brüder Karamasow – die Vorgeschichte

Romane entstehen nicht über Nacht. Auch Fjodor Dostojewski hat sich lange mit den Vorarbeiten zu seinem Roman Die Brüder Karamasow beschäftigt.


Wann genau Dostojewski mit der Arbeit an seinem Roman Die Brüder Karamasow begonnen hat, lässt sich im Nachhinein nicht mehr genau feststellen. So viel ist immerhin klar: Mit der Niederschrift begann er im Dezember 1878, wenige Monate nachdem sein zweiter Sohn Aljoscha im Alter von zwei Jahren und neun Monaten gestorben war. Das ist nicht ganz unwichtig, da er nach dem Tode seines Sohnes für eine Weile in ein Kloster gezogen war, wo er einem Mönch begegnete, der ihm später als Vorbild für die Figur des Abts Sosima dienen sollte.

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Der Prozess um Madame Bovary

Nach Erscheinen seines Romans Madame Bovary wurde Gustave Flaubert der Prozess gemacht, und zwar wegen Beleidigung des Anstands und Verstoßes gegen die öffentliche Moral.

Der Staatsanwalt fand den Roman nichts weniger als pornografisch, worauf der Verteidiger konterte, dass Flaubert aus einem ganz bestimmten Grund das Laster in solchem Maße dargestellt habe: damit die Tugend umso stärker hervortrete.

Wie auch immer, jedenfalls wurde Flaubert am Ende freigesprochen. Näheres dazu findet sich bei Ludwig Marcuse (Obszön. Geschichte einer Entrüstung. München: Paul List 1962).

Das Tennisduell des Jahrhunderts

Beim Blättern in alten Papieren sind wir wieder auf einen faszinierenden Artikel gestoßen. Darin geht es um ein Tennismatch, das Anfang 1926 die ganze Welt in Atem gehalten hat: Suzanne Lenglen gegen Helen Wills.


Wann verlieren Reporter schon mal ihren Kopf? Nicht allzu oft, wollen wir hoffen, ab und an ist es aber doch der Fall. So auch im Februar 1926. Damals, so schrieb J. Stavnik im Tage-Buch vom 6. März 1926 (S. 377 f.), hätten ›alle großen Blätter englischer Sprache dies- und jenseits des Ozeans den Kopf verloren‹. Und warum? Weil in Cannes zwei Frauen Tennis gespielt haben und ›nach einigem Hin- und Herwerfen die Dame mit der häßlichen Nase die Dame mit der hübschen Nase besiegt hat‹.

Die Partie war in der Tat das größte Ereignis, das die Riviera bis dato gesehen hatte. Keiner, der dabei gewesen ist, hat es je vergessen. Als die Französin Suzanne Lenglen und die Amerikanerin Helen Wills am 16. Februar 1926 in Cannes zu ihrem einzigen Tennismatch gegeneinander antraten, schien die Welt für einen Tag stillzustehen, wie wir auch Larry Engelmanns Buch The Goddess and The American Girl (Oxford: University Press 1986) entnehmen können.

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Hinrichtung eines Rebellen

Alexander Puschkins Roman Die Hauptmannstochter hat eine historische Vorlage: den Bauernaufstand unter Jemeljan Pugatschow.


Jemeljan Iwanowitsch Pugatschow, geboren um 1742 im Dongebiet, Teilnehmer am russisch-türkischen Krieg, kehrte 1770 krank aus diesem Krieg an den Don heim, meldete sich nach seiner Genesung jedoch nicht bei seiner Einheit zurück, wurde darauf gleich zweimal festgenommen, floh beide Male, hielt sich dann eine Zeitlang jenseits der polnischen Grenze auf, reiste mit falschem Pass wieder nach Russland, wo er wegen aufrührerischer Reden erneut verhaftet wurde. Noch vor dem Urteilsspruch gelang es ihm, in Kasan aus der Haft auszubrechen und ein drittes Mal zu fliehen.

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