Maximiliane von La Roche

Die junge Maximiliane von La Roche wurde von vielen Männern umschwärmt. Auch Goethe bemühte sich um sie, das Rennen machte aber Peter Anton Brentano.


Ihre schwarzen Augen machten die Männer verrückt. Goethe war derart vernarrt in diese Augen, dass er sie seiner Lotte im Werther verpasste. Am liebsten hätte er die junge Maximiliane Euphrosine de La Roche sicherlich gerne noch sehr viel intimer kennen gelernt, doch im Hause La Roche war er nur zweite Wahl. Damit war er noch gut bedient, wurde doch die junge Maxe im literarischen Salon ihrer Mutter Sophie von La Roche von Männern so umschwärmt wie kaum eine andere 16- oder 17-Jährige ihrer Zeit.

Viel Zeit, ihr Leben zu genießen, hatte sie allerdings nicht. Schon am 9. Januar 1774 musste sie nämlich ihr Jawort geben. Damals war die am 3. Mai 1756 in Mainz geborene Maxe noch nicht ganz 18 Jahre alt. Der von den Eltern Auserwählte war Peter Anton Brentano, ein Kaufmann aus Frankfurt am Main, der aus seiner ersten Ehe mit Josepha Maria Walpurga Paula Brentano-Gnosso bereits sechs Kinder hatte. Und damit begann auch ihre Leidenszeit. Wie anders kann denn ein Zeitraum von 18 Jahren bezeichnet werden, in dem sie insgesamt zwölf Kinder zur Welt brachte, alle 18 Monate eines?

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Kestner und Goethe

In den Leiden des jungen Werther verarbeitete Goethe eine wahre Geschichte. Auch der Legationssekretär Johann Christian Kestner und die junge Charlotte Buff spielen darin eine entscheidende Rolle.
Goethe war bekanntermaßen kein Kostverächter. Diese Erfahrung musste auch der Legationssekretär Johann Christian Kestner machen, dem in Goethe für kurze Zeit einmal ein Rivale erwuchs. Dies kam so:

Im Alter von nicht ganz 23 Jahren als Praktikant am Reichskammergericht in Wetzlar tätig, lernte Goethe am 9. Juni 1772 auf einem Tanzball in Volpertshausen Kestners Verlobte kennen, die 19-jährige Charlotte Buff. Goethe wollte sie dennoch erobern, was aber an Lottes Widerstand scheiterte, die ihm nicht mehr als einen zarten Kuss gönnte.

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Die Bräutigame der Babette Bomberling

Ganz oben auf unserem Nachttisch liegt nun auch ein Buch einer heute weitgehend vergessenen Autorin: Die Bräutigame der Babette Bomberling von Alice Berend.


Daten zum Buch

  • Autorin: Alice Berend
  • Titel: Die Bräutigame der Babette Bomberling
  • Genre: Roman
  • Verlagsort der Erstausgabe: Berlin
  • Verleger: S. Fischer Verlag
  • Erscheinungsjahr: 1915

Wer kennt heute schon noch Alice Berend? Kaum einer wohl. Das ist schade. Denn früher einmal, vor gut einem Jahrhundert, gehörte sie zu den erfolgreichsten Autorinnen ganz Deutschlands, deren Bücher damals ein großes Lesepublikum erfreuten. Wie also ist es möglich, dass Berend inzwischen nahezu vergessen ist?

Vielleicht finden wir eine Antwort, wenn wir einen kurzen Blick auf ihre letzten Lebensjahre werfen. Die am 30. Juni 1875 als Tochter eines jüdischen Fabrikanten in Berlin geborene Berend wurde nämlich von den Nationalsozialisten zum Schweigen gebracht. Wie ein Blick auf die berüchtigte Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums zeigt, wo sie sie unter dem falsch geschriebenen Namen Alice Behrend geführt wurde, ließen die Nazis sämtliche ihrer Schriften verbieten – ihre Karriere als Schriftstellerin war damit in Deutschland beendet.

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Ein Plagiat, das keines war

Beim Blättern in Tucholskys Texten stoßen wir auch auf einen vermeintlichen Skandal der 30er-Jahre: Irmgard Keun war damals eine bekannte deutsche Schriftstellerin, die auch international viel Anerkennung genoss. Nach Veröffentlichung ihres zweiten Romans gab es allerdings einen Kollegen, der sie des geistigen Diebstahls bezichtigte. Doch wie gerecht war die Anschuldigung? War Das kunstseidene Mädchen tatsächlich ein Plagiat?


Die Inspiration kommt immer irgendwoher. Oft aus dem Leben, manchmal auch aus einem Buch. Selbst der zweite Fall ist meist ganz harmlos, auch wenn Autoren schon ein bisschen darauf achten sollten, wie viel sie von anderen übernehmen; ein ganzes Buch zu kopieren, ist eindeutig zu viel des Guten.

Wer aber macht das schon? Solche Fälle sind jedenfalls absolute Ausnahmen, fast immer werden nur Kleinigkeiten abgeschrieben, hier mal ein Halbsatz, dort mal ein ganzer Abschnitt. Lässliche Sünden. Was aber, wenn ein imaginärer Ton geklaut wird? Geht so etwas überhaupt? Irmgard Keun ists einmal fast gelungen.

Anfang der 30er-Jahre erregte Keun in Deutschland mehr Aufmerksamkeit als jede andere Schriftstellerin. Und das aus gutem Grund, war doch ihr 1931 vorgelegter Roman Gilgi, eine von uns ein ganz erstaunliches Debüt, das auch bei der Kritik gut ankam.

›Eine schreibende Frau mit Humor, sieh mal an!‹, zeigte sich beispielsweise Kurt Tucholsky in seiner Kolumne ›Auf dem Nachttisch‹ positiv überrascht (→ TT1, S. 180). Sicher, es gab auch Tadel, aber warum auch nicht? Tucholsky wusste: Hier war ein Talent, das sich zu kritisieren lohnte.

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Der heitere Fridolin

Der heitere Fridolin war die bekannteste Kinderzeitschrift der 20er-Jahre. Sie erschien im Berliner Ullsteinverlag, der das 16-seitige Heft alle 14 Tage auf den Markt brachte.

Die erste Ausgabe lag im Oktober 1921 an den Kiosken aus, mit dem Dezemberheft 1928 stellte der Verlag die Zeitung ohne Angabe von Gründen ein. (Wahrscheinlich hat sie kein Geld mehr abgeworfen.)

Als Autoren zeichneten außer Wolf Durian (Kai aus der Kiste) auch Künstler wie Albert Schäfer-Ast, Paul Simmel oder Ferdinand Barlog.

Mary Temple alias Isabel Archer

Auch fiktive Figuren sind nach dem Leben gezeichnet, viele davon nach dem Leben eines real existierenden Modells. Einige Beispiele haben wir schon einmal an anderer Stelle betrachtet. Aber auch Isabel Archer hatte ein reales Vorbild: Mary Temple (→ Amos 1985, S. 19).

Durch ihr temperamentvolles und lebhaftes Wesen wusste die früh verwaiste Mary Temple (1845 bis 1870), die von allen nur Minny genannt wurde, all ihre Bekannten und Verwandten in den Bann zu ziehen, darunter auch Henry James. Vom frühen Tuberkulosetod seiner Kusine erschüttert, ließ James sie anschließend in der Figur der Isabel Archer (Bildnis einer Dame) weiterleben.

Denn sie sollen getröstet werden

Auf unserem Nachttisch befindet sich nun auch ein Buch, das all diejenigen lesen sollten, die sich für das Südafrika der 40er-Jahre interessieren: Denn sie sollen getröstet werden von Alan Paton.


Daten zum Buch

  • Autor: Alan Paton
  • Titel: Cry, The Beloved Country
  • Genre: Roman
  • Verlagsorte der Erstausgabe: London und New York
  • Verleger: Jonathan Cape (London), Charles Scribner’s Sons (New York)
  • Erscheinungsjahr: 1948
  • Deutsche Erstausgabe: Denn sie sollen getröstet werden (Hamburg: Wolfgang Krüger Verlag 1951, Übersetzung: Marta Hackel)

Nelson Mandela saß 27 Jahre lang im Gefängnis. Als Anführer der schwarzafrikanischen Befreiungsbewegung Afrikanischer Nationalkongress (ANC) war er für das Regime in Südafrika ein Terrorist, den es zum Schweigen zu bringen galt. Dass Mandela später Präsident werden sollte, konnte zu dieser Zeit nun wirklich keiner ahnen. Immerhin hatten damals die europäischstämmigen Bewohner das Land autoritär regiert – und das, obwohl die Weißen eine klare Minderheit darstellten.

Die systematische Unterdrückung machte sich natürlich auch in der Gesetzgebung bemerkbar. Außer Weißen konnte niemand für ein politisches Amt kandidieren, weder Schwarze, Asiaten noch Mischlinge. Ihnen wurden gesonderte Wohngebiete zugewiesen, sie durften nicht wählen, nicht dieselben Schulen besuchen wie Weiße, nicht mit denselben Bussen fahren, auch der Zugang zu bestimmten Berufszweigen war ihnen verwehrt.

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Hemingway arbeitet hart

Bei Hemingway gibt es eine Szene, die die Leserin immer wieder aufs Neue schmerzlich berührt. Nachdem nämlich Frederic endlich mit Catherine zusammen in der Schweiz ein schönes Leben zu führen begonnen hat, trifft sie das Schicksal hart: Catherine stirbt im Kindbett (In einem andern Land).

Diese Szene zu schreiben, ist Hemingway allerdings nicht ganz leicht gefallen. Immerhin waren insgesamt 32 Anläufe nötig, um den Schluss aufs Papier zu bringen (→ Lynn 1991, S. 483). In so einem Fall ist jeder Autor froh, wenn er endlich den Punkt unter den letzten Absatz setzen kann. So auch Hemingway.

Schillers Dolch

Früher war der Dolch groß in Mode. Bei Shakespeare genauso wie bei Schiller, dessen ›Bürgschaft‹ mit den berühmten Versen anhebt (→ Musen-Almanach 1799, S. 176):

Zu Dionys dem Tiraden schlich
Möros, den Dolch im Gewande;
Ihn schlugen die Häscher in Bande.
Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
›Die Stadt vom Tyrannen befreien!‹
Das sollst du am Kreuze bereuen.

Was man natürlich auch herrlich parodieren kann, etwa so:

›Was willst du mit dem Dolche, sprich!
Kartoffeln schälen, verstehst du mich?‹

Die Augen des Franz Kafka

Das augenfälligste Merkmal an Franz Kafka waren seine Augen. Welche Farbe sie hatten, wussten selbst seine Freunde nicht genau zu sagen.


Welche Augenfarbe hatte Franz Kafka? Eine simple Frage, wie es scheint. Nur leider lässt sie sich nicht so einfach beantworten, wie man denken sollte. Warum? Weil die unterschiedlichen Aussagen seiner Freunde darauf hindeuten, das seine Augen ab und an ihre Farbe gewechselt haben.

Eine Zeitzeugin ist die 1903 in Prag geborene Pianistin Alice Herz-Sommer, die in einem Interview der Süddeutschen Zeitung vom 17. Mai 2010 an einer Stelle Kafkas ›schöne, große braune Augen‹ erwähnte.

Das klingt überzeugend.

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